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Generation »Nach-Fidel«
»Die Revolution kann umgekehrt werden – durch unsere Fehler.«

Kubas Außenminister Pérez Roque zur Entwicklung seines Landes


»Ich kann durch eine Kugel sterben oder eines natürlichen Todes, unsere Saat aber sind unsere Ideen«, erklärte der kubanische Präsident Fidel Castro kürzlich vor Vertretern ausländischer Medien in Havanna. Er griff damit den Tenor einer Rede (http://www.cuba.cu/gobierno/discursos/2005/ale/f171105a.html) auf, die er bereits am 17. November vergangenen Jahres in der Aula Magna der Universität Havanna gehalten hatte. In beiden Fällen wies Fidel Castro auch die Angriffe der Regierungsgegner zurück, besonders der reaktionären Exilkubaner aus Florida. Sie setzen darauf, daß der kubanische Sozialismus mit dem Tod Fidel Castros endet.

Das Thema spielte auch eine Rolle, als Außenminister Felipe Pérez Roque in der Nationalversammlung zur Entwicklung Kubas im vergangenen Jahr Stellung bezog. Kuba sei es gelungen, so Pérez Roque, die internationale Isolierung zu durchbrechen, die der Imperialismus mit allen Anstrengungen und Mitteln durchzusetzen versucht habe. »Jetzt setzt der Feind auf Hoffnung, nicht mehr auf unsere Niederlage. Er hat gemerkt, daß er gegen die Generation der Revolution nicht ankommt«, sagte Pérez Roque.

Zugleich wies er darauf hin, daß die Tatsache, viele Jahre gekämpft zu haben, »dennoch keine Garantie dafür gibt, auch in Zukunft siegreich zu sein«. Es gebe daher eine besondere Herausforderung: »1990, als die wirtschaftlichen Notprogramme mit der Spezialperiode begannen, gab es in Kuba anderthalb Millionen Kinder im Alter von rund zehn Jahren. In den vergangenen fünfzehn Jahren sind sie erwachsen geworden und haben ein anderes Land kennengelernt als das, das die Revolution bis dahin aufgebaut hatte.«

Zu diesen anderthalb Millionen sind in der Zwischenzeit eine weitere Million Jugendlicher gekommen, die in einer Gesellschaft aufwachsen, in der auch negative Tendenzen zugenommen haben. Die Tendenz zum Individualismus etwa, die »Rette-sich-wer-kann-Ideologie«, wie Fidel Castro es in seiner Rede an der Universität von Havanna nannte.

Pérez Roque, einer der bekanntesten Politiker Kubas, sieht daher eine große Herausforderung für die heutige junge Generationen in Kuba: »Ein Teil der historischen Erinnerung und der Vergleich mit dem, was in der Welt geschieht, ist verlorengegangen«, räumte er ein. »Wir müssen daher unsere ganze Aufmerksamkeit auf einen Ausspruch Fidels richten, einen Satz, der nie zuvor in der Geschichte der Revolution öffentlich geäußert wurde: Die Revolution kann umgekehrt werden. Nicht durch ihre Feinde, die alles versucht haben, um dies zu erreichen, sondern durch unsere Fehler, durch unsere Unfähigkeit, Fehler und innere Gefahren zu überwinden«.

Pérez Roque rief dazu auf, die ideologische und politische Integrität zu verteidigen. Diese sei zwar noch vorhanden, »weil die Generation noch unter uns weilt, die die Revolution gemacht hat, wir haben Fidel und Raúl«. Nach ihnen werde es »keine Stimme mehr geben , die die Revolution verteidigt. Deswegen müssen wir es selbst tun«.

Der Außenminister betonte, daß die Revolution nur vom gesamten kubanischen Volk verteidigt werden könne. Dabei gelte es drei Prämissen zu befolgen. Erstens sei die Revolution bislang allein durch die moralische Autorität ihrer Führung gestützt worden. Diese Autorität müsse gewahrt werden. »Zweitens müssen wir uns weiterhin auf die Mehrheit des Volkes stützen.« Nicht der materielle Konsum dürfe im Mittelpunkt stehen, sondern die Ideen der Revolution. »Drittens dürfen wir uns nicht der Naivität hingeben«, so Pérez Roque weiter. An dem Tag, wo es der Feind schaffen werde, in Kuba den sozialistischen Staat zu zerstören, ginge nicht nur Staat und Revolution verloren, sondern auch die Nation: »Kuba würde geschluckt, Kuba würde ein Vorort von Miami.«

Darin bestehe der Plan der US-Regierung unter George W. Bush. Deshalb gebe es für das kubanische Volk nur eine historische Alternative: seinen Sieg verteidigen, seinen Sozialismus zu perfektionieren, zu ändern, was es innerhalb der Idee des Sozialismus zu ändern gebe. Er sei sicher, erklärte der kubanische Außenminister abschließend, »daß unser Volk über Reife, Ideen, Moral, Einheit und Kraft verfügt, um das Werk der Revolution zu bewahren und unseren Kindern ein noch besseres Land zu schenken, als das, das die Generation der Revolution für uns verteidigt hat«.

junge Welt Deisy Francis Mexidor, Havanna
(Übersetzung: Timo Berger)
Junge Welt, 20.02.2006








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