|
Hoffnung Lateinamerika
Berlin: Acht Stunden Politik und Kultur in Solidarität mit Kuba und Venezuela
Einig waren sich bei dieser Veranstaltung alle: Hände weg von Kuba und Venezuela! Überschrieben
mit »KünstlerInnen für das neue lateinamerikanische Projekt« organisierten die
Freundschaftsgesellschaft BRD–Kuba und das Solidaritätsbündnis »Venezuela avanza«,
unterstützt auch von der jungen Welt, am Freitag in der Berliner Werkstatt der Kulturen einen
Solidaritätsabend. Anlaß war die Erinnerung an die Invasion in der kubanischen Schweinebucht im
April 1961 und an den Putschversuch gegen den venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez im April
2002. Bei dem acht Stunden dauernden Ereignis solidarisierten sich Künstler wie die Schauspieler
Käthe Reichel und Rolf Becker, die Musiker Pablo Ardouin, Diether Dehm, Frank Viehweg, Daniel
Rodriguez und Cantaré, der Schriftsteller Erasmus Schöfer, der Publizist Horst Schäfer
und der Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Heinz Dieterich Steffan mit der lateinamerikanischen Hoffnung
aller fortschrittlichen Menschen. Spannende Dokumentarfilme berichteten etwa vom Schicksal der »Miami 5«,
jenen fünf Kubanern, die 1998 in den USA verhaftet und später verurteilt worden sind, weil sie
in den Vereinigten Staaten den Terrorismus gegen ihr Vaterland bekämpften. Oder vom Putschversuch
gegen die vom Volk gewählte und unterstützte venezolanische Regierung in jenen Tagen im April
2002. Es hieß, daß gerade die Anwesenheit des irischen Dokumentarfilm-Teams im
Präsidentenpalast dafür sorgte, daß Chávez das Schicksal des 1973 bei einem
Militärputsch gestürzten chilenischen Präsidenten Dr. Salvador Allende erspart blieb.
Weil Solidarität immer auch Parteinahme heißt, begnügten sich die Künstler nicht mit
Gesang und Rezitation. Rolf Becker beispielsweise merkte an, daß es für Linke allmählich
an der Zeit sei, ihre Sprache wiederzufinden und machtvoll erklingen zu lassen. Und er betonte, »es kommt
auch auf uns an« bei der Entscheidung, ob die USA auch den Iran mit Krieg überziehen werden. Ohne
Deutschlands Rückhalt werde es sich die US-Regierung sicherlich überlegen, ob sie sich in dieses
neuerliche Abenteuer stürze.
Professor Steffan, der an der Universität Autónoma Metropolitana de México in
Mexiko-Stadt lehrt und als inoffizieller Berater von Chávez gilt, reizte mit seinen Thesen eher zu
Widerspruch. Er sieht als eine der drei Entwicklungsrichtungen in der Welt die des »Sozialismus des 21.
Jahrhunderts«, der von einer breiten Demokratie gekennzeichnet sei. Zu diesem Weg sieht der Professor auch
dann für Kuba keine Alternative, wenn Fidel Castro als Comandante nicht mehr zur Verfügung
stehe. Er prophezeite außerdem ein Ende der linken Hoffnungen in Lateinamerika, falls sich Kuba auf
dem Weg des Sozialismus nicht behaupten könne.
Maria Esther Fiffe Cabreja, kubanische Botschaftsrätin, begrüßte die Teilnehmer und
Gäste der Veranstaltung und dankte für die Solidaritätsbekundungen. Sie ließ es sich
nicht nehmen zu versichern, daß die kubanische Revolution weiter leben werde, auch wenn Comandante
Castro einmal nicht mehr an ihrer Spitze stehen würde.
Harald Mühle
Junge Welt, 24.04.2006
|
|