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Ende der Abhängigkeit?
Neue Quellen: Die kubanische Wirtschaft setzt weiter auf Förderung und Aufbereitung von eigenem Erdöl und Erdgas


Die Zahl weckt Hoffnungen: Kuba produziert derzeit fast die Hälfte des Bedarfs durch Förderung und Nutzung von Erdöl und Erdgas auf dem eigenen Staatsgebiet. Das erklärte der Sekretär des Exekutivkomitees des Ministerrates, Carlos Lage Dávila, bei einer Visite in Santa Cruz de Norte. In diesem Verwaltungsbezirk an der Küste nahe der Hauptstadt Havanna befinden sich mehrere Anlagen der kubanischen Bohr- und Fördergesellschaft EPEP. In der letzten Juliwoche konnte das Unternehmen einen Rekord verbuchen: Eine Million Barrel Erdöl (1 Barrel = 159 Liter) wurden im abgelaufenen Jahr gefördert. Die Anlagen in Santa Cruz de Norte gehören neben den Förderstätten in der Provinz Matanzas, rund hundert Kilometer östlich von Havanna, zu den produktivsten im Lande.

Die Tendenz ist positiv: Gegen Ende dieses Jahres könnte das Produktionsziel der kubanischen Erdölindustrie übertroffen werden. Auch die Versorgungslage mit Elektrizität würde sich entspannen. Das Staatsunternehmen EPEP hat im Vergleich zum Vorjahr 85000 Barrel mehr Erdöl und 98 Millionen Kubikmeter Gas mehr gefördert. Das Erdgas wird sowohl für den direkten Konsum als auch für die Stromgewinnung verwendet. Die Elektrizitätsproduktion Kubas konnte durch die Förderung eigener Ressourcen seit 2006 bereits um 70 Megawatt gesteigert werden.

Mehr Kooperation

»Wegen der Aussichten auf Erdölvorkommen an Land und weitreichende Vorkommen in den kubanischen Gewässern im Golf von Mexiko sind die entsprechenden Bereiche der (kubanischen Ölgesellschaft Cubana de Petróleo) CUPET rasch ausgebaut worden«, so Yadira García, die kubanische Ministerin für Grundstoffindustrie. Vor allem seien in den vergangenen Jahren die Gemeinschaftsvorhaben mit »führenden internationalen Konzernen« ausgebaut worden.

So hat der vietnamesische Staatskonzern PETROVIETNAM einen Risikofördervertrag für die vermuteten Erdölvorkommen im kubanischen Teil des Golfes von Mexiko abgeschlossen. Bei diesem und anderen Vorhaben geht es darum, vermutete Ressourcen zu orten und zu erschließen. PETROVIETNAM ist das inzwischen sechste international tätige Energieunternehmen, das in Kooperation mit Kuba nach Offshore-Vorkommen sucht. 2004 war das spanische Unternehmen Repsol-YPF bereits auf ölblasen in der Region gestoßen – allerdings in zu geringen Mengen, als daß sich eine kommerzielle Ausbeutung gelohnt hätte.

Trotzdem ist das Interesse hoch. Im kommenden Jahr wird das kanadisch-kubanische Gemeinschaftsprojekt ENERGAS seine Arbeit aufnehmen. Das bilaterale Vorhaben soll Erdöl - und Gas an der Nordwestküste Kubas in einem Gebiet fördern, dessen Industrie schon jetzt 15 Prozent des jährlichen Energiebedarfs der Insel abdeckt. Die internationale Zusammenarbeit ist für Kuba keine Einbahnstraße mehr. Experten der CUPET arbeiten gemeinsam mit dortigen Industrievertretern an 19 geologischen Projekten in Venezuela. Auch dabei geht es um die Erschließung neuer Vorkommen.

Nach und nach werden neue Förderstätten in Kuba erschlossen. Weil die aktuellen Ressourcen schon über die Prognosen hinaus ausgebeutet werden konnten, ist die Versorgung bis Ende 2008 garantiert. Die wachsende Unabhängigkeit wird aber auch an anderer Stelle deutlich. Bislang war die kubanische Erdöl- und Erdgasindustrie von ausländischen Investoren und Technologien abhängig. Maschinen mußten für Bohrungen, Förderung und Instandhaltung eingeführt werden. Inzwischen verfügt Kuba über zwölf eigene Förderanlagen. Sie decken den Bedarf der CUPET und können darüber hinaus an ausländische Interessenten vermietet werden. Weiteres Gerät steht für Instandhaltung der Förderstätten zur Verfügung.

Durch den Ausbau der kubanischen Erdölindustrie konnte die gesamte jährliche Produktion auf 3,9 Millionen Barrel gesteigert werden. Diese Zahl entspricht, wie Carlos Lage erklärte, beinahe der Hälfte des jährlichen Bedarfs des Landes. Nach offiziellen Angaben ist die Produktion seit 1994 um das Siebenfache gestiegen.

Dilemma für USA

Die positiven Prognosen stammen nicht nur vom kubanischen Staat. Eine US-amerikanische Studie geht davon aus, daß im nördlichen Teil des kubanischen Meerbeckens 4,6 Milliarden Barrel Erdöl lagern. Positivere Schätzungen gehen sogar von bis zu 9,3 Milliarden Barrel Erdöl und erheblichen Erdgasressourcen aus. Vor dem Hintergrund solcher Vorhersagen ist das Interesse ausländischer Konzerne ungebrochen hoch. 1999 wurde die kubanische Offshore-Zone mit einer Gesamtausdehnung von 112000 Quadratkilometern in 59 Parzellen unterteilt, für die sich die Energiekonzerne bewerben können.

Auch in den USA gibt es Interessenten auf eine Beteiligung an dem nahen Geschäft. Doch während die US-Industrie ein Stück vom Kuchen abhaben will, versuchen die Hardliner in Florida und Washington, die Entwicklung der Ölindustrie in Kuba zu bremsen. Die inneren Widersprüche durch die US-amerikanischen Kuba-Politik nehmen auch dadurch weiter zu.


junge Welt Deisy Francis Mexidor, Havanna
Junge Welt, 02.08.2007









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