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Politverhandlung in Atlanta: Internationale Beobachter bei Anhörung im Fall der fünf inhaftierten Kubaner
Ein Gespräch mit Eberhard Schultz und Norman Paech


Herr Schultz, der chilenische Jurist Juan Guzmán sieht nach der Anhörung am Montag gute Chancen für ein Berufungsverfahren im Fall der fünf in den USA inhaftierten Kubaner. Wie haben Sie den Termin erlebt?

Schultz: Die Richter haben gleich zu Beginn erklärt, daß sie den Standpunkt der Staatsanwaltschaft nicht teilen, nach der die Argumente der Verteidigung schon durch die letzte Entscheidung des Gerichtes hinfällig seien. Die Staatsanwaltschaft wollte damit offenbar sämtliche neuen Einwände vom Tisch wischen. Das hat das Gericht verhindert.

Herr Paech, am Tag der Anhörung hat die uruguayische Regierungspartei »Breite Front« die US-Justiz aufgefordert, den fünf Kubanern ein faires Verfahren zu gewähren. Wäre ein solcher Appell nicht auch aus Deutschland notwendig?

Paech: Die Linkspartei hat ja bereits zwei entsprechende Initiativen gestartet, die jeweils von allen 53 Bundestagsabgeordneten unterstützt wurden. Beim ersten Mal haben wir in einem Brief an Kongreßabgeordnete, das US-Justizministerium und das Gericht ein faires Verfahren eingefordert. Im zweiten Schreiben ging es darum, daß Ehefrauen der Gefangenen der Zugang zu ihren Männern verweigert wurde. Das war ein klarer Verstoß gegen internationales Recht.

Weshalb wurde das Thema dann noch nicht im Bundestag angesprochen?

Paech: Unter anderem, weil der Fall in der Bundesrepublik noch auf geringe Resonanz stößt. Im Bundestag müssen wir zunächst daran arbeiten, die antikubanische Mentalität der anderen Parteien zu durchbrechen.

Gäbe es denn Bündnispartner in anderen Fraktionen?

Paech: Es gibt einzelne, zum Beispiel in der SPD, vielleicht auch bei den Grünen. Grundätzlich aber eint die anderen Fraktionen eine antikubanische Haltung, die sie daran hindert, in dem vorliegenden Fall gegen die offensichtlichen Rechtsverstöße Position zu beziehen.

Welche Rolle haben die Prozeßbeobachter in Atlanta gespielt?

Schultz: Unter anderem war Paolo Lins e Silva anwesend, der Vorsitzende der Internationalen Anwaltsvereinigung. Diese Organisation interveniert eigentlich nur bei der Verfolgung von Rechtsanwälten. Diesem Fall aber wurde eine so große Bedeutung beigemessen, daß sich Lins e Silva für eine Teilnahme entschieden hat. Er begründete das mit der Verletzung von Menschenrechten, etwa der erwähnten Verweigerung des Besuchsrechts für Ehefrauen der inhaftierten Kubaner.

Eine Niederlage für die Verteidigung ist trotz dieser internationalen Aufmerksamkeit nicht ausgeschlossen. Schließlich wurde schon einmal im Sinne der Verteidigung geurteilt, die Entscheidung später aber widerrufen. Welche Perspektive sehen Sie?

Schultz: Diese Gefahr besteht weiterhin. Tatsache ist aber auch, daß ein solcher Fall in der Geschichte der US-Justiz noch nie dreimal nachverhandelt wurde. Das ist einzigartig. Es wäre also sehr außergewöhnlich, wenn die Staatsanwaltschaft ein für die Verteidigung positives Urteil noch einmal anfechten würde.

In der US-Presse wurde die Berufung eines dritten Richters für die Anhörung am Montag kritisch bewertet, weil er als rechter Jurist gilt. Wie sehen Sie seinen Einsatz?

Schultz: Vor Gericht spielte das keine Rolle. Die Kritik in der US-Presse bezog sich vor allem auf seine früheren Entscheidungen. Der neu berufene dritte Richter hatte sich als entschiedener Gegner der Abtreibung und homosexueller Partnerschaften einen Namen gemacht. Als Präsident George W. Bush 800 Berufsrichter benennen wollte, legte die Demokratische Partei gegen einige dieser Richter zunächst ihr Veto ein, unter anderem gegen den am Montag anwesenden. Nach Verhandlungen stimmten die Demokraten dann doch zu. Die bekannten Positionen des Richters lassen befürchten, daß er einer Entscheidung zugunsten der fünf Kubanern nicht zustimmen wird. In der gegenwärtigen Konstellation – es sind insgesamt drei Richter – wird das aber nicht erheblich sein.

junge Welt Interview: Harald Neuber
Junge Welt, 22.08.2007





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