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Warum Kuba standhielt

"Vier Millionen Deutsche können nicht richtig lesen", schrieb die Berliner Zeitung am 29.6. Man stelle sich vor: die gesamte Hauptstadt – ihre Einwohnerschaft entspricht in etwa der genannten Zahl – Analphabeten, mehr oder weniger.

Nein, eine solche Ungeheuerlichkeit ist dem sozialistischen Kuba nun wahrlich nicht vorzuwerfen, obwohl es manche gerne täten. Denn das Bildungssystem der BRD – gerade erst als eines der rückständigsten klassifiziert – ist inzwischen ein hoffnungsloser Fall. Und dabei ist Deutschland doch mehrfach größer und reicher als der karibische Inselstaat.
Doch nicht hier, sondern in Kuba wurde vor kurzem, um nur ein Beispiel zu nennen, ein Programm gestartet, daß Jugendlichen in den Kommunen auch außerhalb der traditionellen Universitäten gestattet, die Hochschulreife zu erlangen. Es wird als die bisher größte Errungenschaft auf diesem Gebiet gewertet.

Hätte Heinz Langer allein darüber ein Buch geschrieben, wäre das aller Ehren wert gewesen. Doch in seinem jüngsten, auch mit Fotos versehenen Werk "Kuba – die lebendige Revolution" erfaßt der ehemalige Botschafter der DDR in Havanna und ausgezeichnete Kenner der dortigen Situation weitaus mehr. Er betrachtet die Geschichte der Revolution, ihre Wurzeln, den Harten Überlebenskampf und die jüngsten innen- und außenpolitischen Entwicklungen.

Seine überaus faktenreiche Dokumentation ist eine beeindruckende Zusammenfassung des Voranschreitens in den letzten Jahren. Nicht weniger wichtig ist, was Heinz Langer über die Gegner der Revolution – die inneren wie äußeren – zu sagen weiß. Will man die Größe des Erreichten erfassen, sollte nicht vergessen werden, was die Internationale antikubanische Allianz mit den USA an der Spitze unternimmt, um den Atem der Revolution zu ersticken. Doch Kuba ist nicht mehr isoliert.
Die vielseitigen Beziehungen zu anderen Staaten, insbesondere zu China und Ländern Lateinamerikas, zeugen von Kubas außerordentlicher Anziehungskraft. Die internationalistische Hilfe, die das Land leistet, ist einzigartig. Angesichts dieses beeindruckenden Weges mutet es schon befremdlich an, wenn die in unseren Breiten nicht zufällig in diesen Tagen aufgetauchte These vom "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" die Runde macht.
Heinz Langer setzt sich polemisch mit ihr auseinander. Im Vorwort heißt es: "Ausgerechnet jetzt, da die Wirtschaftsentwicklung in Kuba einen deutlich höheren Rhythmus als in der kapitalistischen Welt zeigt, versuchen … Gesellschaftswissenschaftler … der vermeintlich linken Szenerie, theoretisch den Beweis anzutreten, daß auch in Kuba … der Sozialismus objektiv an seine Grenzen gestoßen sei".

Wer das Buch liest, wird erkennen, warum diese Vorstellung in das Reich der Phantasie gehört. Nicht allein die unleugbaren Tatsachen, von denen Heinz Langer in so beeindruckender Weise berichtet, stehen für die Lebenskraft der Revolution. In ihnen offenbart sich zugleich auch das „Geheimnis“ des Erfolgs, das sich ihren Gegnern wohl nie ganz erschließen wird: die Kraft der Überzeugung. Immer geht es um eines – um das Denken der Menschen.

Die Feinde des Sozialismus versuchen es durch Manipulation in die Hand zu bekommen. In Kuba beschreitet man einen anderen Weg. Dieser ist mühevoller, doch er endet nicht – was für das Land die alles entscheidende Frage ist – in der Sackgasse.

Kuba hat das Desaster der europäischen sozialistischen Staaten überlebt – nicht zuletzt dank der festen Verbundenheit zwischen kommunistischer Partei und Volk. Wichtige Fragen der Entwicklung des Landes gemeinsam mit der Bevölkerung zu beraten, sie in die Lösung von Problemen einzubeziehen – das ist es, was sie Meinung der Menschen prägt. Der Autor berichtet auch darüber, wie die Partei selbst lernt, diesen Prozeß immer wieder neu zu beleben.

Sein Buch dokumentiert die bei uns totgeschwiegene großartige Entwicklung eines sozialistischen Staates in unseren Tagen. Ihre Wirkungen reichen tief in den lateinamerikanischen Kontinent hinein. Venezuela und Bolivien wären ohne Kuba nicht denkbar. Es bleibt zu hoffen, daß ein Quentchen dieser hell scheinenden kubanischen Sonne auch uns erreicht.
Das Buch Heinz Langers könnte einen wichtigen Beitrag dazu leisten.

Bruni Steininger

Heinz Langer
Kuba – Die lebendige Revolution
Verlag Wiljo Heinen 2007
271 Seiten, 12,00 Euro, ISBN 978-3-939828-06-9

RotFuchs, 01.09.2007