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Das andere Exil
Nicht nur Kubaner auf der Insel lehnen die Blockade der USA ab. Auch die Auslandsgemeinden organisieren sich. Aufklärung gegen politische Mythen


Miami ist bis heute ein Sinnbild des kubanischen Exils. An keinem Ort außerhalb des Inselstaates leben mehr Kubaner. Vor allem aber ist die Stadt im US-Bundesstaat Florida fest in der Hand rechter Organisationen, die von 1959 an auf den Sturz der Regierung unter Fidel Castro hingearbeitet haben. Gruppierungen wie die »Kubanisch-Amerikanische Nationalstiftung« haben seither nicht nur Einfluß auf die US-Politik genommen, sondern auch auf die Medien. Das »exilio« hat so eine zweite Auslandsgemeinde in den Schatten gestellt, die größer, aber unscheinbarer ist. Sie besteht aus den hunderttausenden Kubanerinnen und Kubanern, die nicht aus politischen Motiven, sondern aus familiären, beruflichen oder anderen Gründen ausgewandert sind. Vor allem sie leiden unter der immer härter werdenden Blockade der USA. In den vergangenen Jahren haben sie sich daher organisiert, um gemeinsam gegen die aggressive US-Politik zu kämpfen.

Kubaner in der EU

In Berlin kamen Mitte Oktober rund 200 von ihnen zusammen, aus 23 Ländern der EU und aus Anrainerstaaten waren sie in die deutsche Hauptstadt gekommen. Neben der Forderung nach einem Ende der US-Blockade ging es den Delegierten darum, die Europäische Union »zu einer unabhängigen Politik gegenüber Kuba zu bewegen« – unabhängig von den USA. »Das erste Treffen dieser Art hat im Mai 2006 in Paris stattgefunden«, erklärte Pedro Frías gegenüber junge Welt. Der gebürtige Kubaner leitet ein Transportunternehmen an einem Berliner Flughafen und lebt seit geraumer Zeit in Deutschland. Im vergangenen Jahr hat er mit anderen Aktivisten den Verein »Estrella de Cuba« gegründet, »Stern von Kuba«. Ziel sei es zunächst, Kontakt untereinander zu halten, sagt Frías: »Wir wollen Informationen austauschen und uns gegenseitig helfen«. Von den zwei Dutzend Mitgliedern kämen die meisten aus Kuba.

Gruppen wie »Estrella de Cuba« sind in den vergangenen Jahren in ganz Europa entstanden. Nach Frías Angaben setzen sich in der EU inzwischen 13 kubanische Exilorganisationen für ein Ende der Blockade ein. In Spanien sind es gleich mehrere Gruppierungen. In Frankreich wurde der Verein »Raíces Cubanas« gegründet, und auch in Belgien und anderen Staaten haben sich Kubanerinnen und Kubaner organisiert. In der dreiseitigen Abschlußerklärung des Berliner Treffens faßten sie ihre gemeinsamen Positionen zusammen. »Wir treten für die Verteidigung der Souveränität unseres Volkes ein«, hieß es am Ende der zweitägigen Konferenz am Berliner Franz-Mehring-Platz. Auch weise man »jede Feindseligkeit gegen die kubanische Revolution« zurück und fordere ein Ende der Blockade. Die EU habe es schließlich nicht geschafft, ihre Beziehungen zu Kuba auf die Basis völkerrechtlicher Prinzipien zu stellen. Dies belege der sogenannte Gemeinsame Standpunkt der EU sowie die von Brüssel 2003 verhängten Sanktionen gegen den sozialistischen Inselstaat.

Havanna will Öffnung

Unterstützt wird der Organisationsprozeß der Auslandskubaner von der Regierung in Kuba. Die Zeiten, in denen ein Exilant pauschal als Gegner der Revolution wahrgenommen wurde, sind offensichtlich vorbei. 400.000 Kubanerinnen und Kubaner haben ihren Lebensmittelpunkt ins Ausland verlegt, ohne die Kontakte mit der Heimat abgebrochen zu haben. In Deutschland sind es nach Angaben der Botschaft mindestens 15.000.

Seit neun Jahren existiert im Außenministerium in Havanna eine eigene Abteilung für die Auslandsgemeinde. Die DACCRE, so die Kurzform des Arbeitsbereiches, hat die Aufgabe, die Beziehungen zum Exil zu verbessern. »Es ist ein Mythos, daß alle Exilanten gegen die Regierung sind«, sagt Carlos Zamora Rodríguez, der seit drei Jahren die DACCRE leitet, nachdem er Kuba unter anderem als Botschafter in der UNO und in Panama vertreten hat. Das hauptsächliche Hindernis einer Öffnung Kubas sei aber die Politik der USA, sagte Zamora Rodríguez in Berlin im Gespräch mit junge Welt. »Wir haben in den vergangenen Jahren alles daran gesetzt, das Verhältnis zu normalisieren, wir müssen aber auch darauf achten, die Sicherheit unseres Landes nicht zu gefährden.«

Wie die neuen Exilorganisationen kritisiert auch der Ministeriumsvertreter daher die Tatenlosigkeit Washingtons gegenüber gewaltbereiten rechten Gruppen des kubanischen Exils. Sie bedrohten schließlich nicht nur Andersdenkende, sondern sie seien auch ein Haupthindernis für eine Normalisierung der Beziehungen. Der Umstand, daß der Terrorist Luis Posada Carriles in den USA auf freien Fuß gesetzt wurde, während die »Cuban Five« inhaftiert sind, zeigen, daß sich daran so schnell nichts ändern wird.

Im Internet: laestrella-decuba.de

junge Welt Harald Neuber
Junge Welt 01.11.2007









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