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Kubas softer Kurs gegenüber Obama
Havanna hält sich mit Kritik am neuen USA-Präsidenten merklich zurück
Im Wahlkampf hatte Barack Obama erklärt, er sei zu direkten Gesprächen mit der kommunistischen
Führung aus Havanna bereit. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg.
Das offizielle Kuba – Regierungsfunktionäre und Medien – behandeln den US-amerikanischen
Präsidenten Barack Obama mit ungewohnter Zurückhaltung, obwohl es Gründe gäbe, etwas
schärfer mit ihm ins Gericht zu gehen. Aber hier in diesem politisierten Land weiß eben jeder,
dass es der Mann schwer hat, denn er hat nicht nur die erdrückenden Folgen von acht Jahren Bushs
Katastrophenpolitik zu tragen, sondern zugleich die Konsequenzen einer integralen weltweiten Krise, die
alles Denkbare berührt: die Wirtschaft, die Finanzen, die Ökologie, das Klima, die
Energieversorgung, die Produktion von Lebensmitteln, Arbeitsplätze, die Regierbarkeit von Dutzenden
Staaten... Und die Experten sind sich einig: Die Krise ging von den USA aus.
Während seiner Wahlkampagne, als bereits abzusehen war, dass die Krise die USA heftig
durchrütteln würde, hatte Obama das Thema Kuba auf einen mittleren Platz seiner
Prioritätenliste gesetzt. Er konnte sich ausmalen, dass die Opposition und selbst Leute aus seiner
eigenen Partei nach 50 Jahren fanatischer, wenn auch sichtbar fehlgeschlagener Kubapolitik einer
Normalisierung heftigen Widerstand entgegensetzen würden. Er musste dort ansetzen, wo Wähler
angesprochen werden: die Kubano-Amerikaner, die reiselustigen, neugierigen US-Bürger und die
Exportbranchen, die sich vom Handel mit Kuba Aufwind versprechen.
Dementsprechend fiel die erste Kuba betreffende Entscheidung des US-Kongresses aus: Statt alle drei Jahre
ist wieder jährlich eine Reise nach Kuba gestattet, täglich dürfen immerhin 170 Dollar
ausgegeben werden, während eines unbeschränkten Aufenthalts. Bisher waren es nur 50 pro Tag
während eines höchstens zweiwöchigen Besuchs. Die Genehmigungen für
Geldüberweisungen nach Kuba werden aufgestockt, die Lieferungen US-amerikanischer Lebensmittel und
Medikamente flexibler gestaltet, das heißt, sie können erhöht werden. Statt Vorkasse darf
Kuba künftig die Importe per Nachnahme bezahlen. Doch Dutzende andere für Kuba kostspielige
Schikanen der Blockade werden nicht angetastet.
Der US-amerikanische Finanzminister Timothy Geithner hatte vor der Abstimmung im Senat Briefe an die
renitentesten Opponenten geschrieben, in denen er tröstend darauf hinwies, dass die Erleichterungen
für Kuba ja nur »minimal« seien.
Interessant sind die Reaktionen in Lateinamerika. Der brasilianische Präsident Lula machte sich nicht
zum ersten Mal zum Sprecher der Mehrheit und empfahl Washington, die Blockade im Stück aus der Welt
zu schaffen. Denn Lateinamerika heute sei nicht mehr das Lateinamerika vor 40 Jahren und wenn die USA
glaubhaft machen möchten, dass sie das zur Kenntnis nehmen und ihre Politik gegenüber dem
Subkontinent dementsprechend korrigieren wollen, gehe das nicht, solange die Blockade existiert. Auch die
Verteidigungsminister Südamerikas haben auf ihrer jüngsten Tagung solch einen Vorstoß
unternommen.
Für die Kubaner hatte in der vergangenen Woche ohnehin anderes Priorität: Das Abschneiden ihrer
Baseballmannschaft bei der Weltmeisterschaft. Dass Kuba erstmals nicht die Runde der letzten Vier
erreichte, sorgt für Verdruss. Daran änderte auch die moralische Unterstützung Fidel
Castros nichts, der dem Team am vergangenen Mittwoch eine ganze Seite in der »Granma« widmete.
Besser als dem Baseballteam geht es Fidel Castro selbst, so der argentinische Universitätsprofessor
Atilio Borón nach einem Treffen mit dem Comandante. Borón, von Castro seit Jahren als
profilierter Weltökonom geschätzt, war einer der Privilegierten, die der Comandante empfing,
»sonst nur ganz wenige, hin und wieder Raúl«, obgleich er »bei bester Gesundheit ist«. Er habe mit
Borón auch über die Umbesetzung einiger kubanischer Ministerien gesprochen »die ich (Castro)
nicht vorgeschlagen habe, aber ich habe die Entscheidungen gebilligt«. Borón empfand »eine gewisse
Sympathie Castros gegenüber Obama, doch der werde bald entdecken, dass die Präsidentschaft eine
Sache ist und das Imperium eine andere«. In einem Artikel Anfang Januar hatte Fidel Castro geschrieben,
er halte Obama für aufrichtig und er werde bestimmt dieses und jenes ändern, aber wenn er
versuchen sollte, die imperialistischen Strukturen seines Landes anzutasten, werde er scheitern. Und zur
Zukunft in Lateinamerika: Die Linke müsse wachsam sein. Fidel Castro »schließt ein
Wiedererstarken der Rechten nicht aus«.
Leo Burghardt, Havanna
Neues Deutschland 23.03.2009
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