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Lässt Obama die Miami Five frei?
Kubas legitimer Kampf gegen Terroranschläge – von Klaus Huhn dokumentiert
Ob die von Barack Obama angekündigte neue Politik gegenüber Kuba sich auch für die vor
nunmehr über zehn Jahren, am 12. September 1998, nach einem Schauprozess in Miami zu insgesamt 77
Jahren sowie in drei Fällen zuzüglich vier Mal lebenslänglicher Haft verurteilten fünf
kubanischen Kundschafter auswirken wird, steht in den Sternen. Die Namen der Fünf: Gerardo
Hernández Nordelo, Ramón Labañino Salazar, Antonio Guerrero Rodríguez,
Fernando González Llort und René González Sehwerert.
Die Miami Five hätten angeblich US-Einrichtungen von nationaler Sicherheit ausspioniert, hieß
es. Tatsächlich jedoch haben sie genau dies nicht getan. Das ausschließliche Ziel ihrer Mission
war es, die vor allem in Miami ansässigen, zahlreichen antikubanischen und konterrevolutionären
Organisationen zu unterwandern, deren terroristische Aktivitäten gegen Kuba auszukundschaften und die
Informationen an ihre Regierung in Havanna weiterzugeben. Solidaritätskomitees weltweit setzen sich
für ihre Freilassung ein. Und im vergangenen Jahr verlieh das Bündnis für Soziale
Gerechtigkeit und Menschenwürde e. V. (BüSGM) in Berlin seinen »Preis für Solidarität
und Menschenwürde« an die widerrechtlich Inhaftierten, die in Kuba als Helden gefeiert werden.
Klaus Huhn, langjähriger ND-Sportchef, Gründer des Spotless-Verlags und Autor zahlreicher
Publikation auch zu Kuba, hat die – in seinem Alter – Beschwerlichkeiten einer Flugreise nach Venezuela
auf sich genommen und die Fährte der zahllosen Verbrechen gegen Kuba aufgenommen. Mit vor allem
linker Propaganda unverdächtigen Quellen, so von FBI und CIA, listet der Autor eine Reihe von
Terrorakten gegen die Karibikinsel auf, die direkt in Zusammenhang mit Luis Posada Carilles und dessen
langjährigen Kumpan Orlando Bosch Ávila stehen. Ein terroristisches Geflecht wird
enthüllt, das sich von Langley über Caracas zur Schweinebucht, von Santiago de Chile über
Washington erstreckt und immer wieder nach Miami führt. Mit detektivischer Akribie spürte Huhn
die (bereits genannten) Drahtzieher wie auch die Handlanger auf, Hernán Ricardo Losano und Freddy
Lugo. Fast schmerzhaft detailliert schildert er die logistische Vorbereitung und Durchführung »eines
Bombenattentats im Auftrag der CIA, wie es die Geschichte des modernen Flugwesens bis dahin nicht kannte«:
An Bord der CU 45, die am 6. Oktober 1976 von Georgetown über Trinidad, Barbados und Jamaica nach
Havanna fliegen sollte, waren vorwiegend junge, kaum 20-jährige kubanische Sportler und
Sportlerinnen, die bei den Zentralamerikanischen und Karibischen Sportspielen Goldmedaillen im Fechten
gewonnen hatten. »Als das Flugzeug die Höhe von 18 000 feet – etwa 6000 Meter – erreicht hatte,
zündete der Sprengstoff und die DC 8 wurde von einer verheerenden Explosion zerrissen … 17 Kilometer
vor der Küste stürzte das Flugzeug brennend ins Meer. Niemand überlebte… Das Wasser war
übersät von zerfetzten Körpern und Trümmern.« Lugo und Losano hatten 16 000 bzw. 8000
US-Dollar für »den Job« erhalten.
Huhn dokumentiert die Namen nebst Alter und Beruf der kubanischen, koreanischen und guayanischen Opfer,
entreißt sie so der Anonymität. Auf Initiative von Barbados, Kuba, Guyana sowie Trinidad und
Tobago kam es 1977 zum Prozess gegen die Täter in deren Heimatland Venezuela. Nach elf (!) Jahren
endete dieser mit lebenslänglichen Schuldsprüchen für Losano und Lugo (nach 17 Jahren
freigelassen) und Freispruch für Bosch. Der zweite Drahtzieher, Posada Carilles, war bereits 1985 auf
Betreiben höchster US-Stellen untergetaucht, um für andere Schmutzarbeiten zur Verfügung zu
stehen. »Die Geschichte kennt zahllose Fehlurteile; dieses dürfte alle anderen in den Schatten
stellen«, kommentiert Huhn.
Carilles zog weiter seine blutige Spur, war beteiligt am Iran-Contra-Skandal und an Bombenattentate gegen
touristische Einrichtungen in Havanna in den 90er Jahren, denen u. a. der italienische Tourist Fabio di
Celmo zum Opfer fiel. Bis auf den heutigen Tag werden Terroristen wie er von Washigton geschützt und
alimentiert, während die fünf kubanischen Antiterror-Kämpfer als politische Geiseln
festgehalten werden.
Huhn klagt des Weiteren an: »Noch heute aber pflegt fast jeder bundesdeutsche offizielle Besucher, der
nach Kuba reist, die Öffentlichkeit wissen zu lassen, dass er die Gastgeber ermahnt habe, die
Menschenrechte zu respektieren! Und jeder tut das, ohne zu befürchten, dass ihn jemand zum Beispiel
danach fragt, ob er in Havanna am Grab eines der Hunderten auf Befehl der CIA Ermordeten einen
Blumenstrauß niedergelegt habe.« Der Autor beendet sein Buch mit dem Bekenntnis: »Dass sich Kuba
fast ein halbes Jahrhundert gegen den übermächtigen Gegner behaupten konnte, gehört
für mich zu den ›Weltwundern‹«.
Klaus Huhn: Massenmord am karibischen Himmel. Verlag Wiljo Heinen, Berlin 2008. 94 S., br., 5,50 EUR.
Im gleichen Verlag erschien jüngst »Fidel Castro – Reflexionen«, eine Auswahl von Artikeln, die der
Revolutionsführer 2007/08 für das kubanische Partei- und Regierungsblatt »Granma« verfasst hat,
übersetzt und herausgegeben von Heinz Langer, mit einem Vorwort des kubanischen Botschafters in
Deutschland, Gerardo Peñalver (315 S., br., 14 EUR).
Heinz-W. Hammer
Neues Deutschland 23.04.2009
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