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Neues Selbstbewußtsein
Treffen der blockfreien Staaten in Havanna im Zeichen der weltweiten Wirtschaftskrise: Gemeinsam handeln gegen die Hegemonialmächte


Die Abschlußerklärung vom Donnerstag ließ nichts an Klarheit vermissen. Vier Tage lang hatten in Havanna die Vertreter von 112 Mitgliedsstaaten der »Bewegung der Blockfreien Staaten« (NAM) den 15. Gipfel des Zusammenschlusses vorbereitet. Dieser soll ein Signal des Aufbruchs werden, so der Tenor. Er wird vom 11. bis 16. Juli dieses Jahres in der ägyptischen Touristenhochburg Scharm Al-Scheich abgehalten werden – und von großer Bedeutung sein. Das zumindest meint Miguel d’Escoto, ehemaliger Außenminister des sandinistischen Nicaraguas und aktueller Vorsitzender der UN-Generalversammlung. D’Escoto: Bis heute seien die Forderungen des Bündnisses ehemaliger Kolonialländer gültig geblieben. Brandaktuell sei folglich weiterhin deren Ausrichtung »gegen den Imperialismus, Kolonisierung, Rassismus und jede Form der Besetzung und Einmischung seitens der Hegemonialmächte«.

Insbesondere angesichts der Weltwirtschaftskrise müsse sich die NAM ihrer wichtigen Rolle bewußt sein, meinte der Nicaraguaner weiter. Denn wer sonst verteidige die »Rechte der Mehrheiten und Besitzlosen, der Opfer der bestehenden Weltwirtschaftsordnung«, fragte der ehemalige Priester die nach Kuba gereisten Delegationen. Zu denen gehörten neben jenen der Mitgliedsstaaten auch 14 mit Beobachterstatus sowie zehn mit Gaststatus. Im Juli müsse in Ägypten die »vielleicht einzigartige Chance« genutzt werden, »an der Schaffung einer neuen ökonomischen Weltordnung teilzunehmen«.

In der Abschlußerklärung wird von den USA gefordert, das in der Bucht von Guantánamo widerrechtlich »besetzte Staatsterritorium« Kubas zurückzugeben. Außerdem habe Washington seine »unilaterale Feindseligkeit gegen Havanna einzustellen. Gemeint sind unter anderem propagandistische Radio- und TV-Sendungen, die von Florida aus in Richtung der Karibikinsel ausgestrahlt werden. Die US-Wirtschaftsblockade wurde erneut als völkerrechtswidrig verurteilt.
Die NAM-Erklärung fordert eine friedliche Lösung des Palästina-Konfliktes, eine Aufhebung bestehender Sanktionen gegen Simbabwe sowie die Auslieferung des Terroristen Luis Posada Carriles aus den USA, der für ein Attentat auf ein kubanisches Zivil­flugzeug 1976 mit 73 Toten verantwortlich ist. Die NAM-Delegationen stellten sich hinter die demokratisch gewählten Linksregierungen des süd­amerikanischen Kontinents. Demokratien wie die in Venezuela und Bolivien seien zu schützen. Ihnen stehe es frei, ihr »wirtschaftliches, politisches und soziales System ohne ausländische Intervention, Subversion, Abhängigkeit und Beschränkungen zu wählen«, so die Deklaration.

Die in den 50er Jahren initiierte »Blockfreienbewegung« tritt für Gleichberechtigung zwischen den Staaten ein und versucht, über eine stärkere Süd-Süd-Kooperation das Gewicht der von den Großmächten abhängigen Staaten zu erhöhen. Behinderte die große Mitgliederzahl in der Vergangenheit oft ein starkes Auftreten, so sprach die NAM in den den vergangenen Jahren wieder mit vereinter Stimme. Gute Argumente hat sie allemal: Sie vertritt über die Hälfte der Weltbevölkerung, in der UN-Generalversammlung haben ihre Mitglieder fast zwei Drittel der Sitze inne.

junge Welt Benjamin Beutler
Junge Welt, 02.05.2009









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