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Obama lügt
Dokumentiert. Reflexionen zur »Organisation der Amerikanischen Staaten« und zum Verhältnis Kubas zu
den USA seit der Präsidentschaft von Barack Obama
Von Fidel Castro
In den »Reflexionen« Fidel Castros stand in den letzten Tagen der 5. Gipfel der Organisation
Amerikanischer Staaten (OAS) in Port of Spain, der Hauptstadt von Trinidad und Tobago, im Mittelpunkt.
Kuba nahm an dem vom 17. bis 19. April dauernden Regierungstreffen nicht teil, weil es als einziges
amerikanisches Land aus diesem von den USA dominierten Bund ausgeschlossen worden ist. Dennoch spielte
dort der Inselstaat eine wichtige Rolle, zumal einige lateinamerikanische Länder die Rücknahme
des Ausschlusses forderten (...)
Obama und die Blockade
(…) Die Berater des US-Präsidenten Barack Obama haben über Internet ihre Version des den
Journalisten in Port of Spain gegebenen Interviews des Präsidenten veröffentlicht. Darin
behauptet er folgendes: »Etwas schien mir interessant, – ich kannte es etwas abstrakt, aber es war
spezifisch gesehen interessant – und zwar diese führenden Persönlichkeiten zu hören,
daß sie, wenn sie über Kuba sprachen, dies ausdrücklich über die Tausende kubanischen
Ärzte taten, die über die gesamte Region verstreut sind, und von denen diese Länder sehr
abhängig sind. Und das ist für uns in den Vereinigten Staaten eine Warnung dafür,
daß, wenn unsere einzige Zusammenarbeit mit vielen dieser Länder die Rauschgiftbekämpfung
ist, wenn unsere einzige Zusammenarbeit militärischer Art ist, daß dann nicht solche
Verbindungen entstehen, die mit der Zeit unseren Einfluß erhöhen und einen vorteilhaften Effekt
haben können, wenn es erforderlich ist, eine Politik in unserem Interesse in der Region
voranzubringen. Ich denke, daß es deshalb für unsere Art der Zusammenarbeit nicht nur hier, in
dieser Hemisphäre, sondern überall auf der Welt, so wichtig ist, anzuerkennen, daß unsere
militärische Stärke nur ein Teil unserer Macht ist, und daß wir unsere Diplomatie und
Entwicklungshilfe auf intelligentere Art und Weise anwenden müssen, und zwar so, daß die
Völker ausgehend von der Außenpolitik der USA konkrete und praktische Verbesserungen im Leben
der gewöhnlichen Menschen sehen können.«
Journalist Jake (Tapper, ABC News, fragt in diesem Interview Obama): »Danke, Herr Präsident. Sie
haben hier viele führende Persönlichkeiten Lateinamerikas gehört, die möchten,
daß die USA das Embargo gegen Kuba aufheben. Sie haben gesagt, daß es eine wichtige
Einflußnahme sei, die nicht beseitigt werden dürfe. Aber im Jahr 2004 haben Sie die Aufhebung
des Embargos unterstützt. Sie sagten, daß das Embargo nicht erreicht habe, das Lebensniveau
(der Kubaner) zu erhöhen, daß es schwer auf den Unschuldigen laste, und daß es an der
Zeit sei anzuerkennen, daß vor allem diese Politik gescheitert sei. Ich frage mich, was sie dazu
geführt hat, ihre Meinung bezüglich des Embargos zu ändern.«
Präsident: »Nun gut, mir scheint, daß das Jahr 2004 1.000 Jahre zurückliegt. Was machte
ich im Jahr 2004?«
Tapper: »Sie waren für den Senat aufgestellt.«
Präsident: »(…) Die Tatsache, daß Raúl Castro gesagt habe, daß er und seine
Regierung bereit seien, mit unserer nicht nur Gespräche über die Aufhebung des Embargos zu
führen, sondern über andere Themen, wie zum Beispiel die Menschenrechte, die politischen
Gefangenen, das ist ein Zeichen des Fortschritts. (…) Es gibt einige Dinge, die die kubanische Regierung
tun könnte. Sie könnte politische Gefangene freilassen. Sie könnte die
Zuschlaggebühren für die Geldüberweisungen in Entsprechung der von uns angewandten Politik,
den kubanisch-amerikanischen Familien die Geldüberweisungen zu erlauben, vermindern. Denn es ist so,
daß Kuba eine hohe Zuschlagsgebühr erhebt, sie erzielen eine riesigen Gewinn davon. Das
wäre ein Beispiel der Zusammenarbeit, wo beide Regierungen daran arbeiten würden, den
kubanischen Familien zu helfen und das Lebensniveau in Kuba zu erhöhen.«
Ohne Zweifel hat der Präsident Raúls Erklärung falsch ausgelegt. Wenn der Präsident
von Kuba bekräftigt, daß er bereit ist, jegliches Thema mit dem Präsidenten der
Vereinigten Staaten zu diskutieren, dann bringt er damit zum Ausdruck, daß er keine Angst davor hat,
Themen jeder Art anzuschneiden. Das ist ein Beweis von Mut und Vertrauen in die Prinzipien der Revolution.
Niemand sollte sich wundern, daß er davon spricht, die im März 2003 Verurteilten (75
Regierungskritiker) zu begnadigen und sie alle in die Vereinigten Staaten zu schicken, wenn jenes Land
bereit wäre, die fünf kubanischen antiterroristischen Patrioten freizulassen. Jene stehen im
Dienst einer ausländischen Macht, die unser Vaterland bedroht, wie schon die Söldner von der
Schweinebucht, und uns einer Blockade aussetzt.
Andererseits ist die Formulierung, daß Kuba eine »riesige Zuschlagsgebühr« erhebt und
»riesigen Gewinn erzielt«, ein Versuch seiner Berater, Zwietracht zu stiften und die Kubaner zu entzweien.
Alle Länder verlangen bestimmte Summen für die Überweisung von Devisen. Wenn es US-Dollar
sind, dann haben wir noch mehr Grund dazu, weil es die Währung desjenigen Staates ist, der uns der
Blockade unterwirft. (…) Mit welchem Geld retten die Vereinigten Staaten ihre Banken und multinationalen
Unternehmen, indem sie gleichzeitig die zukünftigen US-amerikanischen Generationen verschulden?
Wäre Obama bereit, über jene Themen zu diskutieren?
Daniel Ortega (Präsident Nicaraguas) hat es ganz klar gesagt, als er sein erstes Gespräch mit
Carter US-Präsident James Carter (1977–1981) in Erinnerung rief, was ich heute hier wiederhole:
»Ich hatte die Möglichkeit, Präsident Carter zu treffen. Als er zu mir sagte: Jetzt, wo die
Somoza-Tyrannei weg ist, ist es für das nicaraguanische Volk an der Zeit, ›daß Nicaragua sich
verändert‹. Ich sagte zu ihm: ›Nein, nicht Nicaragua muß sich verändern, sondern Sie
müssen sich verändern. Nicaragua hat niemals die Vereinigten Staaten überfallen, hat
niemals die Häfen der Vereinigten Staaten vermint, hat keinen einzigen Stein gegen die
US-amerikanische Nation geworfen, hat den Vereinigten Staaten keine Regierungen aufgezwungen. Sie sind
es, die sich ändern müssen, nicht die Nicaraguaner.‹«
Bei der Pressekonferenz und den Abschlußsitzungen des Gipfels zeigte Obama eine gewisse
Selbstgefälligkeit. (…) Als er Jake (Tapper) zur Antwort gab, daß seit 2004 bis jetzt 1.000
Jahre vergangen seien, war das oberflächlich. Müssen wir soviel Jahre warten, damit er seine
Blockade aufhebt? Er hat sie nicht erfunden, aber er hat sie sich zu eigen gemacht, genau wie weitere
zehn Präsidenten der USA. Auf diesem Weg kann ihm ein sicheres Scheitern vorausgesagt werden, so wie
das aller seiner Vorgänger. (…)
Wir erleben neue Zeiten. Die Veränderungen sind unvermeidlich. Die Führer kommen und gehen, die
Völker bleiben. Man wird nicht 1.000 Jahre warten müssen, nur acht werden ausreichen, damit in
einem noch mehr verpanzerten Auto, einem moderneren Hubschrauber und einem noch höher entwickelten
Flugzeug ein anderer Präsident der Vereinigten Staaten, ohne Zweifel weniger intelligent als Barack
Obama, vielversprechend und bewundert auf der Welt diesen wenig ruhmreichen Posten einnimmt. (…)
Der Gipfel und die Lüge
Einige der Dinge, die Daniel (Ortega) mir gesagt hat, wären kaum zu glauben, wäre nicht er der
Berichterstatter und wären sie nicht auf einem Amerika-Gipfel passiert. Das Außergewöhnliche
ist, daß es keinen Konsens über die Abschlußerklärung gegeben hat. Die Gruppe der
ALBA-Staaten hat sie nicht unterzeichnet; wie sie es beim letzten Austausch mit Obama in Anwesenheit von
Manning (Premierminister von Trinidad und Tobago Patrick Manning) und den anderen führenden
Persönlichkeiten am Morgen des 19. April angekündigt hatte.
Bei dieser Sitzung haben Chávez, Evo (die Staatschefs aus Venezuela Hugo Chávez und aus
Bolivien Evo Morales) und Daniel ganz klar zu dem Thema gesprochen. Mir schien es, daß er eine
bittere Klage zum Ausdruck brachte, als er am Eröffnungstag des Gipfels in seiner Rede sagte: »Ich
denke, daß die Zeit, die ich mir hier gerade nehme (Ortega hatte seine Redezeit stark überzogen),
viel geringer ist, als die, die ich mir zu nehmen gezwungen sah, als ich drei Stunden im Flugzeug auf dem
Flughafen warten mußte.«
Ich habe ihn gefragt, was er damit meine, und er erzählte mir, daß sechs hochrangige
Persönlichkeiten auf der Landebahn warten mußten: Lula (Präsident Luiz Inácio da
Silva) aus Brasilien, Stephen Harper, Premierminister Kanadas, Michelle Bachelet, Chiles
Staatspräsidentin, Evo aus Bolivien, Mexikos Präsident Felipe Calderón und er selbst als
sechster. Aus welchem Grund? Die Veranstalter haben es in einer kriecherischen Handlung so entschieden,
um den Präsidenten der Vereinigten Staaten zu empfangen. Daniel blieb die drei Stunden in der
Maschine der (costaricanischen Fluggesellschaft) LACSA sitzen, das überhitzt war, weil es auf dem
Flughafen unter der strahlenden tropischen Sonne aufgehalten wurde.
Er erläuterte mir das Verhalten der wichtigsten auf dem Gipfel anwesenden Führungspersönlichkeiten,
die hauptsächlichen und spezifischen Probleme jedes einzelnen der Länder Lateinamerikas und der
Karibik. Er sah nicht verärgert aus. Er war sicher, ruhig und verständnisvoll. Ich erinnerte
mich an die Zeiten der schmutzigen Machenschaften (des US-Präsidenten Ronald) Reagan, an die Tausende
von ihm gegen Nicaragua eingesetzten Waffen, die Zehntausende Toten, die Verminung der Häfen, der
Gebrauch von Drogen durch die US-Regierung, um die Beschlüsse des Kongresses zu umgehen, der
Geldmittel zur Finanzierung jenes zynischen Krieges verboten hatte. (Reagan finanzierte in den 80er
Jahren mit iranischen Drogen nicaraguanische Contras.)
(…) Daniel kennt viele Möglichkeiten zur konkreten Verbesserung des Lebens der Bevölkerung von
Nicaragua, einem der infolge der Interventionen und der Ausplünderung durch die Vereinigten Staaten
fünf ärmsten Länder der Hemisphäre. Er freute sich über den Sieg Obamas und
beobachtete ihn während des Gipfels genau. Sein Verhalten auf dem Gipfel hat ihm nicht gefallen: »Er
bewegte sich überall hin«, sagte er zu mir, »und suchte die Leute, um auf sie Einfluß
auszuüben und mit seiner Macht und seinem Lob etwas zu suggerieren.«
Natürlich, für einen weitentfernten Beobachter wie mich war eine vereinbarte Strategie zur
Verherrlichung jener Positionen zu erkennen, die den Interessen der Vereinigten Staaten am
ähnlichsten und am meisten der Politik der sozialen Veränderungen, der Einheit und
Souveränität unserer Völker entgegengesetzt sind. Das Schlimmste war meiner Meinung nach
das Manöver, eine angeblich von allen unterstützte Erklärung vorzulegen.
Die Blockade gegen Kuba wurde in der Abschlußerklärung nicht einmal erwähnt, und der
Präsident der Vereinigten Staaten hat sie dazu verwendet, um seine Handlungen zu rechtfertigen und um
angebliche Zugeständnisse seiner Regierung an Kuba zu verheimlichen. Wir würden die realen
Beschränkungen besser verstehen, die den neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten an der
Veränderung der Politik seines Landes gegenüber unserem Heimatland hindern, als den Griff zur
Lüge, um seine Handlungen zu rechtfertigen.
Sollten wir etwa der Aggression auf unseren Fernseh- und Rundfunksenderaum Applaus zollen, der Verwendung
hochentwickelter Technik zum Eindringen in diesen Raum aus großer Höhe und der Anwendung
derselben Politik wie Bush gegen Kuba? Sollten wir etwa das Recht der Vereinigten Staaten akzeptieren,
die Blockade über ein Erdzeitaltzer hinweg aufrechtzuerhalten, bis sie Kuba die kapitalistische
Demokratie gebracht hat?
Obama gesteht ein, daß die führenden Persönlichkeiten der lateinamerikanischen und
karibischen Länder überall von den Diensten der kubanischen Mediziner sprechen, sagt jedoch:
»Und das ist für uns in den Vereinigten Staaten eine Warnung dafür, daß, wenn unsere
einzige Zusammenarbeit mit vielen dieser Länder die Rauschgiftbekämpfung ist, wenn unsere
einzige Zusammenarbeit militärischer Art ist, daß dann nicht solche Verbindungen entstehen,
die mit der Zeit unseren Einfluß erhöhen und einen vorteilhaften Effekt haben können, wenn
es erforderlich ist, eine Politik in unserem Interesse in der Region voranzubringen.«
Im Unterbewußtsein versteht Obama, daß Kuba wegen dieser ärztlichen Hilfe in der Region
Prestige genießt und verleiht dem sogar mehr Bedeutung als wir selbst. Vielleicht hat man ihn nicht
einmal darüber informiert, daß Kuba seine Ärzte nicht nur nach Lateinamerika und in die
Karibik geschickt hat, sondern auch in zahlreiche Länder Afrikas, in asiatische Länder, als
Katastrophenhilfe, auf kleine Inseln in Ozeanien wie zum Beispiel Osttimor und Kiribati (…) und daß
Kuba sogar angeboten hatte, innerhalb weniger Stunden eine komplette Ärztebrigade zur Hilfeleistung
für die Opfer des Hurrikans »Katrina« zu entsenden, als ein Großteil von New Orleans hilflos
unter Wasser stand und sie dort viele Menschenleben hätte retten können. (…)
Das Wichtigste vor allem, wie Daniel schon auf dem Gipfel gesagt hat, besteht darin, daß für
den Beitrag von Kuba, der kleinen von den Vereinigten Staaten blockierten Insel, keinerlei Bedingungen
gestellt werden. Wir haben es nicht getan, um Einfluß und Unterstützung zu suchen. Es waren
die Prinzipien, die unseren Kampf und unseren Widerstand stützen. (…) Wir haben nicht um die
kapitalistische Demokratie gebeten, in der Sie (Obama) ausgebildet wurden und an die Sie mit allem Recht
ehrlich glauben. Wir beabsichtigen nicht, unser politisches System in die Vereinigten Staaten zu
exportieren.
An den Wurzeln der Vergangenheit festhalten
Daniels Beitrag auf dem Podium im Landesfernsehen war wie erwartet. Er hat beredt gesprochen, war
überzeugend, gelassen und unwiderlegbar. Er hat kein anderes Land Lateinamerikas beleidigt und wollte
dies auch nicht. Er hat sich aber jede Minute seines Erscheinens vor den Kameras fest an die Wahrheit
gehalten: Venezuela, Bolivien und Nicaragua haben als Sprecher der ALBA ausdrücklich die Idee
zurückgewiesen, daß die Abschlußerklärung als Konsensvereinbarung vorgelegt
würde.
Von Daniel erfuhren wir, daß Obama selbst anerkannte, daß er das Dokument nicht einmal gelesen
hatte, daß letztlich als offizielle Erklärung des Gipfels eingeschmuggelt wurde. Telesur hat
ebenfalls gleichzeitig sein Erscheinen übertragen. Es wurde umfangreich verbreitet.
Daniel äußerte kurz und bündig: »Es war die Versammlung des Mißtrauens. ›Die
Blockade gegen Kuba soll aufhören!‹ war eine einmütige Forderung, die verschiedene Nuancen
aufwies, aber eben einmütig war.« Er bestätigte: »Es gab einen sehr guten Beitrag von Correa
(Ecuadors Präsident Rafael Correa): ›Wahlen bedeuten nicht Demokratie‹, denn das Mehrparteiensystem
sei nichts weiter als eine Art und Weise, die Nation zu spalten.« Daniel fügte hinzu: »Kuba hat ein
Modell, in dem das kubanische Volk nicht zwischen grün, rot, gelb und orange geteilt wird. Es ist
einfach das kubanische Volk, seine Bürger, ohne jene Kampagnen, wo die Interessen der verschiedenen
Teile des großen Kapitals eine Rolle spielen. Das kubanische Volk wählt seine Regierenden ohne
das schrille Geschrei der Wahlen in den vom Westen auferlegten bürgerlichen Demokratien.
Höflichkeit beseitigt nicht die ideologischen und politischen Unterschiede, löscht nicht die
Realität. Das möchte ich unterstreichen, weil ich bei einigen Staats- und Regierungschefs viel
Entzücken bemerkt habe, weil sie Präsident Obama die Hand schütteln durften.« In Anspielung
auf den Rattenfänger von Hameln drückte er sich wie folgt aus: »Er mit seiner süßen
Flöte und alle Mäuse hinter ihm her, so werden wir in den Abgrund fallen. Aber Obama erreichte
nicht den Effekt, den er wollte.«
»Die Vereinigten Staaten haben sich nicht verändert; Raúl erinnerte daran in Cumaná
(zwei Tage vor der OAS-Sitzung auf dem Gipfeltreffen der ALBA-Staaten in Venezuela). Es war eine
republikanische Regierung, welche die Invasion auf die Schweinebucht vorbereitet hat, und es war eine
Regierung der Demokraten, welche sie ausgeführt hat. So haben wir einen Präsidenten der
Vereinigten Staaten, der sagt, daß man die Vergangenheit vergessen muß, der aber selbst in
der Vergangenheit gefangen ist! – in der Vergangenheit der 50 Jahre Blockade gegen Kuba; der im Jahr 2004,
als er Senatoranwärter war, sagt, daß die Blockade gegen Kuba eine Grausamkeit ist, daß
das aufgehoben werden muß. Die Frage wurde ihm bei der Pressekonferenz gestellt und jetzt antwortet
er, daß das vor tausenden Jahren war. Damit sagt er uns, daß er lügt; das ist die Antwort
einer Person, die lügt.
Er erklärt, daß die Blockade gegen Kuba nicht aufgehoben werden kann und daß Kuba wegen
der kürzlich von ihnen gemachten Zugeständnisse dankbar sein sollte. Sie wollen das als einen
Wandel verkaufen; das kommt den von Carter vor 30 Jahren getroffenen Maßnahmen nicht im geringsten
nahe, es ist eher ein Rückschritt. Sie wollen, daß wir die Geschichte vergessen. Die OAS ist
tot. Sie ist ein unbeerdigter Leichnam. (…) Bei diesem Gipfel ist ebenfalls klargeworden, daß die
Vereinigten Staaten sich nicht verändert haben, aber Lateinamerika und die Karibik haben sich
verändert; wir haben uns verändert und wir verändern uns, indem wir uns an den Wurzeln
unserer Geschichte festhalten.« (…)
Pontius Pilatus wusch seine Hände in Unschuld
Der Druck gegen die von den Vereinigten Staaten gegen Kuba verhängte Blockade war so groß,
daß an dem Tag, an dem Raúl kategorisch erklärte, daß unser Land nicht in die OAS
eintreten werde, der Generalsekretär dieser wertlosen Einrichtung (José Miguel Insulza) begann,
das Terrain für die Teilnahme Kubas an einem eventuellen künftigen Amerika-Gipfel vorzubereiten.
Sein Rezept war es, den Ausschluß der Insel außer Kraft zu setzen, der die Ausweisung der
Insel aus der OAS aus ideologischen Gründen festlegte. Solch ein Argument ist wirklich
lächerlich, wenn wichtige Länder wie China und Vietnam, ohne die die heutige Welt nicht
auskommen kann, von Kommunistischen Parteien geführt werden, die auf denselben ideologischen
Grundlagen geschaffen wurden.
Die geschichtlichen Ereignisse beweisen die hegemoniale Politik der Vereinigten Staaten in unserer Region
und die abstoßende Rolle der OAS als verhaßtes Instrument des mächtigen Landes. Das
Rezept von Insulza besteht darin, den kriminelle Beschluß verschwinden zu lassen. Raúl hat
in Cumaná erklärt, daß Kuba niemals wieder in die OAS eintreten wird. (…) Zu jenem
selben Anlaß und indem er auf eine angebliche Geste von Obama antwortete, der anbot, mit Kuba
Gespräche über Demokratie und Menschenrechte führen zu wollen, antwortete er, daß
die Regierung von Kuba bereit sei, jegliches Thema mit ihm auf der Grundlage der vollkommenen Achtung der
Gleichheit und Souveränität beider Länder zu diskutieren. Unser Volk kennt ganz genau die
Bedeutung und die Würde jener Worte.
Zu den öffentlichen Forderungen von Obama gehören die Freilassung der aufgrund ihrer
verräterischen Dienste für die Vereinigten Staaten zu Gefängnisstrafen Verurteilten, die
über knapp ein halbes Jahrhundert unser Vaterland angegriffen und einer Blockade ausgesetzt haben.
Raúl erklärte, daß Kuba bereit sei, Gnade walten zu lassen, wenn die Vereinigten Staaten
sie aufnehmen und die fünf kubanischen antiterroristischen Patrioten freilassen würden.
Dessen ungeachtet haben sowohl die Regierung der Vereinigten Staaten als auch die gusanera (Gewürm,
Konterrevolutionäre) inner- und außerhalb Kubas mit jeder Art von Arroganz reagiert. AP und
einige andere Nachrichtenagenturen haben Uneinigkeiten in unserer revolutionären Staatsführung
suggeriert. Gemäß AP hat »ein prominenter Menschenrechtsaktivist« erklärt, daß »die
Mehrheit der 200 kubanischen Gefangenen es vorziehen, lange Strafen auf der Insel abzusitzen, anstatt,
wie es Präsident Raúl Castro vorgeschlagen hat, gegen fünf kommunistische Agenten
ausgetauscht zu werden, die in den Vereinigten Staaten im Gefängnis sind. (…) Obama könnte
jedoch schwere politische Folgen zu tragen haben, wenn er zustimmen würde, die fünf im Jahr
2001 wegen Spionage verurteilten kommunistischen Agenten auszutauschen. (…)« Ist diese Agenturmeldung
etwa keine Drohung gegen den Präsidenten der Vereinigten Staaten? (…)
AP sagt kein einziges Wort über die lebenslänglichen Gefängnisstrafen, die den fünf
Patrioten in geschickt manipulierten Gerichtsverfahren auferlegt wurden, über die in
Mittäterschaft mit der Staatsgewalt ausgearbeiteten Lügen, die grausame Behandlung, die sie
erfahren haben und viele Dinge mehr, die mit dem Fall in Verbindung stehen.
Wenn die Gesundheit von irgendeinem der Söldner es erforderlich machte, hat Kubas Regierung immer
Gnade walten lassen und ohne daß die Vereinigten Staaten es forderten. Andererseits hat sie niemals
die Folter angewendet. Das ist etwas, was auf der Welt anerkannt ist. Der Präsident von Kuba kann
nicht die Ermordung eines Gegners anordnen. Hat der neue Präsident der Vereinigten Staaten jene
verhaßte Praxis verurteilt? Wenn er es tut, dann werde ich nicht zögern, den Eindruck der
Aufrichtigkeit anzuerkennen, den er uns allen zu Beginn vermittelt hatte, das könnt ihr mir glauben.
(…)
Kuba ein terroristisches Land?
Donnerstag, der 30. April, war ein Unglückstag für die Vereinigten Staaten. An diesem Tag fiel
ihnen ein, Kuba ein weiteres Mal in die Liste der Länder aufzunehmen, die den Terrorismus
unterstützen. So verwickelt, wie sie in ihre eigenen Verbrechen und Lügen sind, konnte sich
vielleicht nicht einmal Obama selbst jener Intrige entziehen. Ein Mann, dessen Talent niemand bezweifelt,
muß sich über diesen Lügenkult des Imperiums beschämt fühlen. Fünfzig Jahre
Terrorismus gegen unser Vaterland kommen in einem einzigen Augenblick ans Tageslicht.
Was soll man denjenigen sagen, denen der grauenhafte Sprengstoffanschlag auf ein fliegendes, vollbesetztes
Flugzeug (der kubanischen Fluggesellschaft am 6.10.1976) und die Beteiligung der Vereinigten Staaten an
den Ereignissen, die Rekrutierung von Orlando Bosch und Posada Carriles (für diesen Anschlag), ihre
Versorgung mit Sprengstoffen, Geldmitteln und die Beihilfe der Geheimdienste und Behörden jenes
Landes bekannt ist? Wie kann man die Terrorkampagne erklären, die der Söldnerinvasion auf die
Schweinebucht voranging und im Anschluß darauf folgte, wie die Angriffe auf unsere Küsten,
Ortschaften, Handels- und Fischereischiffe, die terroristischen Aktionen innerhalb und außerhalb der
Vereinigten Staaten? Wie kann man die gescheiterten Attentatspläne in dreistelliger
Größenordnung auf das Leben von kubanischen führenden Persönlichkeiten erklären?
Und was soll man über die Einschleppung solcher Viren wie dem des hämorrhagischen Dengue-Fiebers
und der Schweinegrippe sagen, die es genetisch gesehen in unserer Hemisphäre nicht einmal gab? Ich
mache weiter nichts, als nur einige der Terrorakte zu nennen, welche die Vereinigten Staaten begangen
haben und die in ihren eigenen veröffentlichten Dokumenten festgehalten sind. Beschämen diese
Tatsachen die jetzige Regierung nicht? Die Liste der widerlichen Aktivitäten, die ich aufzählen
könnte, wäre endlos.
Auf meine Bitte schickte mir Bruno (Kubas Außenminister Bruno Rodríguez) den Wortlaut der
Frage, die ihm ein Reporter für (die internationale Nachrichtenagentur) France-Presse (AFP) am 30.
April stellte, und den seiner umfassende Antwort.
Rigoberto Díaz (AFP): »Zeitlich übereinstimmend mit dem Ende dieses Treffens und auch mit
einem Thema, das bei diesem Ereignis behandelt wurde, hat die Regierung der Vereinigten Staaten Kuba
erneut in die Liste derjenigen Länder aufgenommen, die den Terrorismus fördern, zusammen mit
Sudan, Iran und Syrien. Ich würde gern Ihre Meinung hierzu hören.«
Bruno: »Wir erkennen der Regierung der Vereinigten Staaten weder eine politische noch eine moralische
Autorität zu, auch nur irgendeine Liste zu irgendeinem Thema aufzustellen, noch um gutes oder
schlechtes Verhalten zu ›bescheinigen‹. Der Bush-Regierung wurde von der Weltöffentlichkeit
›bescheinigt‹, eine das Völkerrecht verletzende, aggressive, kriegstreiberische Regierung zu sein,
als eine Regierung, die foltert, eine Regierung, die verantwortlich für außergerichtliche
Hinrichtungen ist. Bush war der einzige Präsident, der sich öffentlich gebrüstet hat – und
zwar im US-amerikanischen Kongreß – außergerichtliche Hinrichtungen ausgeführt zu haben,
eine Regierung, die Menschen auf illegale Weise entführt und transportiert hat, die geheime
Gefängnisse geschaffen hat, von denen niemand weiß, ob sie weiterhin bestehen, die auf dem von
ihr besetzten Gebiet der Republik Kuba ein Konzentrationslager geschaffen hat, in dem gefoltert wird. Auf
dem Gebiet des Terrorismus kann die Regierung der USA, historisch betrachtet, auf eine lange Akte von
Aktionen des Staatsterrorismus verweisen, und nicht nur gegen Kuba. (…) So ist den Vereinigten Staaten
nicht die geringste moralische Autorität zuzuerkennen (…).«
Junge Welt, 08.05.2009
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