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Keine Wende für »Miami 5«
Obama-Regierung will Überprüfung der Unrechtsurteile nicht zulassen


Auch unter der neuen US-Administration zeichnet sich für die seit über zehn Jahren in nord­amerikanischen Gefängnissen inhaftierten fünf Kubaner, die einst Terrorgruppen in Miami unterwandert hatten, keine Verbesserung ihrer Lage ab. Wie der kubanische Parlamentspräsident Ricardo Alarcón in Havanna mitteilte, hat sich die Regierung von Barack Obama in einer offiziellen Stellungnahme gegenüber dem Gericht dagegen ausgesprochen, daß der Supreme Court den Fall der auf der Insel als Helden verehrten Gefangenen überprüft. Das hatten Ende Januar die Verteidiger der auch als »Miami 5« oder »Cuban Five« bekannten Männer beantragt.

Die Rechtsanwälte wurden von dieser Haltung Washingtons jedoch nicht überrascht. Bereits in der vergangenen Woche hatte sich einer der Verteidiger, Leonard Weinglass, im Gespräch mit Radio Habana Cuba skeptisch gezeigt: »Wir gehen davon aus, daß die Antwort der Regierung unter der Obama-Administration dieselbe sein wird wie unter der Bush-Administration. Sie werden sich jeder Möglichkeit, daß der Supreme Court den Fall zur Überprüfung annimmt, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln widersetzen.«

Der Supreme Court nimmt gewöhnlich weniger als zwei Prozent der ihm vorgelegten Verfahren zur Revision an. Gegenwärtig liegen dem obersten Gericht der Vereinigten Staaten rund 2.000 Fälle vor, von denen etwa 70 durch die Richter akzeptiert werden könnten, schätzt Weinglass. Deshalb mobilisieren die Verteidiger internationale Unterstützung für ihre Mandanten. Mit einem Dutzend Eingaben durch Amici Curiae (Freunde des Gerichts), eine im deutschen Rechtssystem unbekannte Einrichtung, wird die Argumentation der Verteidigung unterstützt. Im US-amerikanischen Rechtssystem sind die Amici Curiae Personen oder Organisationen, die sich an einem Gerichtsverfahren beteiligen, ohne selbst Partei zu sein. Im Gegensatz zur Befragung von Sachverständigen durch deutsche Gerichte, wird von einem Amicus nicht verlangt, völlig unabhängig zu sein. Amici sind sogar häufig solche Personen oder Einrichtungen, deren Interessen indirekt durch den Rechtsstreit und die Entscheidung betroffen sein könnten.

»Von den 2.000 beim Supreme Court vorliegenden Fällen werden vielleicht 100 oder 200 ein Dokument eines Amicus vorlegen, im allgemeinen haben sie ein oder zwei, in einem ungewöhnlichen Fall kann es auch drei oder vier geben«, erläutert Weinglass. »In unserem Fall legen wir zwölf Dokumente von Gruppen und Vereinigungen, preisgekrönten Schriftstellern, Rechtsanwälten und Richtern aus den USA und aller Welt vor, die wollen, daß das Gericht den Fall aufgrund seiner nationalen und internationalen Bedeutung überprüft. Außer unserem gibt es unter den 2.000 Fällen keinen einzigen, der zwölf Amici vorweisen kann, und mir haben Anwälte, die sich mit der Arbeitsweise der Courts beschäftigen, gesagt, daß es in unserem Fall mehr Amici gibt als je zuvor.« Es sei aber trotzdem sehr schwer einzuschätzen, welche Bedeutung diese Eingaben für die Entscheidung des Gerichts haben werden, da dies sehr stark von den einzelnen Richtern abhänge.

Zu den Amici Curae gehören auch fünf deutsche Bundestagsabgeordnete der SPD und der Linksfraktion, die sich neben ihrer Eingabe an den Supreme Court auch an ihre Kollegen im US-Kongreß gewandt haben und ihre »massiven Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Prozesses« ausdrücken. Es werde vor allem der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, schreiben die zumeist juristisch gebildeten Abgeordneten und verweisen auf Erklärungen der UN-Arbeitsgruppe gegen willkürliche Verhaftungen.

Weitere Eingaben stammen von Parlamentsabgeordneten aus aller Welt, US-amerikanischen und internationalen Rechtsanwaltsvereinigungen und Nobelpreisträgern wie dem Präsidenten von Osttimor, José Ramos-Horta, oder den Schriftstellern José Saramago, Dario Fo und Günter Grass.

In Kuba selbst sind die Bildnisse der fünf Inhaftierten allgegenwärtig, denn die Menschen auf der Insel danken ihren Landsleuten dafür, daß sie mehrere Anschläge durch die in Miami beheimateten Gruppen verhindern konnten und können nicht nachvollziehen, warum dieser Einsatz mit mehrfach lebenslänglichen Haftstrafen geahndet werden soll.

junge Welt André Scheer
Junge Welt, 29.05.2009









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