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Obama blockiert Kuba
Über 96 Milliarden Dollar kostete Kuba vorsichtigen Schätzungen zufolge die seit 50 Jahren
anhaltende US-Wirtschafts- und Handelsblockade gegen die Insel. Legt man dieser Rechnung heutige Preise
zugrunde, belaufen sich die Verluste sogar auf mehr als 236 Milliarden Dollar. Das geht aus einem Bericht
der kubanischen Regierung an die UN-Vollversammlung hervor, den Kubas Außenminister Bruno
Rodríguez Parrilla am Mittwoch (Ortszeit) in Havanna vorstellte. Die Vereinten Nationen werden
voraussichtlich am 28. Oktober zum dann 18. Mal in Folge über eine Resolution abstimmen, mit der die
Blockade verurteilt und ihre Aufhebung gefordert wird. Im vergangenen Jahr hatten dem von Kuba vorgelegten
Text 185 Staaten zugestimmt, nur drei Regierungen votierten dagegen.
Der Bericht gewinne noch dadurch an Bedeutung, so Rodríguez Parrilla, daß Barack Obama erst
am Montag die Blockade gegen Kuba um ein Jahr verlängert hat. Der US-Präsident hatte
erklärt, das »nationale Interesse« der Vereinigten Staaten erfordere die erneute Verlängerung
des »Gesetzes über Handel mit dem Feind«. Die ursprünglich 1917, während des Ersten
Weltkrieges, erlassene Verordnung beschränkt die Handelsbeziehungen mit als »feindlich« eingestuften
Staaten. Heute ist nur noch Kuba von den Bestimmungen dieses Gesetzes betroffen, die durch zahlreiche
weitere Verordnungen ergänzt und verschärft werden.
»Die Haltung der US-Regierung zeigt, daß dieses Land keinerlei Schritte unternommen hat, um die
gegen die Republik Kuba verhängte Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade zu beenden. Im Gegenteil,
die Forderungen der Vollversammlung wurden ganz offen ignoriert und die Blockadepolitik durch zahlreiche
Aktionen weiter verschärft«, heißt es in dem Dokument der kubanischen Regierung. Der
Berichtszeitraum reicht offiziell bis zum vergangenen Mai und berücksichtigt deshalb die Anfang
September in Kraft getretenen Erleichterungen bei Reisen von in den USA lebenden Kubanern auf die Insel
sowie bei Geldüberweisungen noch nicht.
Auf diese Maßnahmen der US-Administration angesprochen sagte der kubanische Außenminister,
sie seien »begrenzt und unzureichend«. Zudem stellten sie lediglich die Rücknahme einiger
Verschärfungen der Bush-Administration dar. Der Diplomat erkannte an, daß Obama eine »weniger
aggressive« Politik gegenüber Kuba verfolge als sein Amtsvorgänger. Rodríguez erinnerte
aber daran, daß nach wie vor der Austausch von Medikamenten und medizinischer Technik zwischen
beiden Ländern verhindert und auch den Handel mit Drittländern eingeschränkt werde, da
diese Kuba keine Geräte liefern dürfen, in denen sich aus den USA stammende Komponenten
befinden. Die Blockade müsse bedingungslos aufgehoben werden, forderte der Minister: »Diese Politik
ist unilateral und sollte unilateral beendet werden.«
Auch international ist die Verlängerung der Kuba-Blockade durch Obama auf Kritik gestoßen.
Brasiliens Präsident Luíz Inacio »Lula« da Silva kündigte an, Obama in der kommenden
Woche während des G-20-Gipfeltreffens in Pittsburgh nach den Gründen fragen zu wollen, warum er
die Blockade verlängert habe. »Ich habe die Position der Vereinigten Staaten nicht verstanden«,
stellte Lula fest.
André Scheer
Junge Welt, 18.09.2009
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