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ALBA wächst
Siebtes Gipfeltreffen beschließt neue Währung und Sanktionen gegen Honduras
Mit der einstimmigen Verabschiedung der »Abschlußerklärung von Cochabamba« und einer
Großkundgebung ist in Bolivien das siebte Gipfeltreffen der Bolivarischen Allianz für die
Völker unseres Amerikas (ALBA) zu Ende gegangen. »Das Dokument ist angenommen«, freute sich Gastgeber
Evo Morales am Sonnabend im zentralbolivianischen Cochabamba, das wegen seiner geographischen Lage das
»Herz von Südamerika« genannt wird. Über 35000 Menschen, darunter Vertreter sozialer Bewegungen
aus Lateinamerika, Asien, Afrika und Nordamerika, waren zum Festakt ins örtliche
Félix-Capriles-Stadion geströmt. »Jallala Evo, jallalla ALBA!« schallte es den angereisten
Staatschefs aus Venezuela (Hugo Chávez), Ecuador (Rafael Correa), Nicaragua (Daniel Ortega) sowie
der Karibikstaaten Dominica, Antigua und Barbados sowie St. Vincent und Grenadinen entgegen – »Es lebe
Evo, es lebe ALBA!« Seit Freitag hatten die Mitglieder der von Kuba und Venezuela ins Leben gerufenen
Staatengemeinschaft über die Lage in Honduras, die Einführung der einheitlichen
Gemeinschaftswährung »Sucre« sowie eine stärkere gemeinsame Sicherheitspolitik beraten.
»Wenn es die NATO gibt, warum sollten wir kein Verteidigungsbündnis gründen«, wies Hugo
Chávez Kritik aus Washington zurück. Geplant ist auch die Gründung einer gemeinsamen
Militärakademie. Ein Sondergesandter des russischen Nationalen Sicherheitsrates, Nikolai Patruschew,
der als Beobachter an dem Treffen teilnahm, lobte die Integrationsbemühungen der Linksregierungen.
Auf Rußlands Hilfe könne gezählt werden, was jedoch »nicht beinhaltet, daß wir gegen
irgend jemanden oder etwas gerichtet sind«, so Patruschew.
Der Staatsstreich in Honduras hingegen habe gezeigt, wie schnell eine demokratische Regierung
gestürzt werden kann, stellte Chávez fest. Die Putschregierung von Tegucigalpa genieße
ohne Zweifel das »Wohlwollen und die Unterstützung der Vereinigten Staaten und direkte
militärische Hilfe der Yankee-Militärs und des Pentagons«, beschuldigte der venezolanische
Präsident die USA. Die Rechte sei wieder auf dem Vormarsch, warnte auch Rafael Correa aus Ecuador.
Honduras stehe hier Pate, die illegale Micheletti-Regierung sei das Resultat einer engen Zusammenarbeit
von Unternehmern, Militärs und reaktionären Machtgruppen. Zur Unterstützung des
rechtmäßigen Präsidenten Manuel Zelaya verabschiedeten die ALBA-Staaten einstimmig eine
Erklärung, in der Wirtschafts- und Handelssanktionen gegen die Diktatur in Honduras verhängt
werden. Von den Putschisten organisierte Wahlen würden nicht anerkannt, betonten die Staatschefs
noch einmal.
Auf wirtschaftlicher Ebene soll die Einführung einer gemeinsamen Währung, des »Sucre«, weiter
vorangetrieben werden. Die Maßnahme richte sich entgegen landläufiger Meinung nicht gegen den
US-Dollar, so Chávez, der dessen Abschaffung explizit ablehnte. Die nach dem südamerikanischen
Freiheitskämpfer Antonio José de Sucre, einem Kampfgefährten Bolívars, benannte
Währung, die Morales in Anlehnung an die indigene Heiligkeit der »Mutter Erde« gerne »Pacha« taufen
würde, stelle in Zukunft ein wirksames Mittel zur Armutsbekämpfung in den ALBA-Staaten dar. Auch
der studierte Ökonom Correa hob in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit eines ALBA-Geldfonds und der
Stärkung des Handelsabkommens für die Völker (TCP) hervor.
Offenbar bereitet sich auch Paraguay darauf vor, als dann zehntes Mitglied der Bolivarischen Allianz
beizutreten. Der Vizeaußenminister des südamerikanischen Landes, Jorge Laura, würdigte die
Bedeutung von ALBA für die Rückgewinnung der Souveränität und Unabhängigkeit
Lateinamerikas. »Es werden nicht nur die neokolonialen Strukturen gebremst, sondern auch ein politisches,
soziales und Wirtschaftsmodell, das sich auf die Zerstörung des Planeten und der Natur stützt«,
so Laura, der Paraguays Präsidenten Fernando Lugo in Cochabamba vertrat. Medien in Paraguay
äußerten die Vermutung, daß das Land noch vor dem für Dezember in Havanna geplanten
nächsten Gipfeltreffen aus Anlaß des fünften Jahrestages der ALBA-Gründung Mitglied
werden könnte.
Benjamin Beutler
Junge Welt, 19.10.2009
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