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Der Gegenentwurf
Alternative Integration: Das Staatenbündnis ALBA hat sich zu einem ernstzunehmenden Akteur in Lateinamerika entwickelt


Wenn die Regierenden der mächtigen Staaten dieser Erde zu ihren Gipfeltreffen zusammenkommen, gleichen sich die Bilder immer wieder. Schwer bewaffnete Polizisten schotten das Tagungsgelände ab, Demonstrationen werden verboten und mit Wasserwerfern angegriffen. Die Kosten für die Tagungen mit ihren selten nennenswerten Ergebnissen gehen in die Millionen – wie für den G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 mit über 100 Millionen Euro. In Pittsburgh, so schätzte die Stadtverwaltung, seien allein für die Sicherung des G-20-Treffens im September 20 Millionen US-Dollar aufgewandt worden. Dafür übermitteln uns die Agenturen und Fernsehstationen dann die immergleichen Bilder von höchst wichtigen Funktionsträgern, die sich mit wichtiger Miene in Andeutungen à la "Wir glauben, daß wir gut aufgestellt sind" (Angela Merkel beim G-20-Gipfel in London) vom Stapel lassen.

ALBA-Gipfel Cochabamba 2009 Völlig anders sieht es jedoch aus, wenn sich in Lateinamerika die Präsidenten der "Bolivarischen Allianz für die Völker unseres Amerika" (ALBA) treffen, so jüngst im bolivianischen Cochabamba. Krawatten suchte man hier vergebens, außer vielleicht bei dem als Beobachter aus Moskau angereisten Generalsekretär des russischen Nationalen Sicherheitsrates, Nikolai Patruschew. Venezuelas Präsident Hugo Chávez trug lieber ein rotes T-Shirt unter seinem grünen Hemd, sein bolivianischer Kollege Evo Morales stellte seine indigene Mode zur Schau, und auch das weiße Hemd von Rafael Correa war mit traditionellen Mustern bestickt. Wie die Kleidung, so die Atmosphäre solcher Konferenzen: Sie ist von dem freundschaftlichen Umgang der Staatschefs geprägt. Wenn Angela Merkel in einem wohlkalkulierten Gefühlsausbruch den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy umarmt, ist das ein Thema für die Titelseiten der Tagespresse.
Bei einem Treffen der lateinamerikanischen Regierungschefs wäre hingegen ein förmlicher Umgang miteinander nicht nur eine Meldung wert, sondern würde sofort Spekulationen über eine "schwere Krise" in dem Bündnis befeuern.

ALBA-Gipfel Cochabamba 2009 ALBA ist eben kein gewöhnlicher Staatenbund, sondern ein Forum von Regierungen, die sich eine grundlegende Veränderung der Strukturen ihrer Länder zum Ziel gesetzt und dabei erkannt haben, daß sie auf sich allein gestellt mit ziemlicher Sicherheit scheitern würden. Als Hugo Chávez im Februar 1999 sein Amt als Präsident Venezuelas antrat, galt er noch als Außenseiter, der von selbst wieder verschwinden würde. Seine demonstrative Freundschaft und Zusammenarbeit mit dem damaligen kubanischen Präsidenten Fidel Castro wurde von den einen belächelt, von den anderen als Beweis für Chávez‘ "Verrücktheit" angesehen. Was sollten die beiden linken Regierungen auch ausrichten auf einem Kontinent, der praktisch flächendeckend von rechten, neoliberalen Regierungen kontrolliert wurde? Die USA schickten sich gerade an, mit ihrer Freihandelszone ALCA die Märkte des Kontinents endgültig unter ihre Kontrolle zu bringen. Kuba warnte vor der "Annexion Lateinamerikas" durch die Supermacht im Norden, aber wen interessierte schon diese kleine Insel, deren Regierung man gar nicht erst zu den Verhandlungen über die ALCA-Verträge eingeladen hatte?

Im Dezember 2004 traf Chávez zu einem Treffen mit Castro in Havanna ein, das dem zehnten Jahrestag seines ersten Besuchs auf der Insel gewidmet war. 1994 hatte die kubanische Regierung den gerade erst aus dem Gefängnis entlassenen Comandante eingeladen; auf dem Flughafen wurde er von Fidel Castro wie ein Staatsgast empfangen. Kuba wagte damals viel, denn die offene Unterstützung für den Mann, der am 4. Februar 1992 versucht hatte, durch einen Aufstand die venezolanische Regierung zu stürzen, konnte durchaus scharfe Reaktionen aus Caracas zur Folge haben. Aber es war eine Investition in die Zukunft: Fast auf den Tag genau vier Jahre später gewann Chávez die Präsidentschaftswahl in Venezuela.

2004 unterzeichneten Castro und Chávez während ihrer Gespräche eine gemeinsame Erklärung, in der sie ALCA scharf ablehnten: "Wir unterstreichen, daß die Freihandelszone für ganz Amerika der vollendete Ausdruck der Herrschaftsgelüste über die Region ist. Wenn der Vertrag in Kraft treten würde, würde das eine Verschärfung des Neoliberalismus bedeuten und einen noch nie dagewesenen Grad an Abhängigkeit und Unterordnung schaffen". Statt dessen sprachen sie sich für eine Bolivarische Alternative aus, einer "auf Gerechtigkeit basierenden, lateinamerikanischen und karibischen Integration": "In diesem Sinn stimmen wir vollständig darin überein, daß die ALBA weder nach Vermarktungskriterien noch nach den egoistischen Profitinteressen einzelner Unternehmen oder Nationen errichtet werden kann. Nur ein breiter lateinamerikanischer Blick, der die Tatsache anerkennt, daß sich unsere Länder isoliert weder entwickeln noch wahrhaft unabhängig sein können, wird fähig sein, das zu erreichen, was (...) Martí >Unser Amerika< nannte, um es von dem anderen Amerika des Expansions- und Herrschaftsdranges zu unterscheiden".

Damals wurde diese bilaterale Erklärung kaum ernst genommen, sondern galt nur als ein weiterer Bestandteil der Agitation beider Länder gegen die Freihandelszone. Die zahlreichen Kooperationsverträge zwischen Kuba und Venezuela unterschieden sich zunächst nicht wesentlich von denen der bereits in den Jahren zuvor entwickelten Zusammenarbeit. Erst als im April 2006 der seit drei Monaten amtierende Präsident Boliviens, Evo Morales, sein Land als drittes Mitglied in die Bolivarische Alternative führte, merkten die ersten auf. Einige Monate zuvor war im argentinischen Mar del Plata das ALCA-Projekt der USA sang- und klanglos zu Grabe getragen worden. Gegen die von Washington nun angestrebten bilateralen Freihandelsabkommen, zum Beispiel mit Kolumbien und Peru, setzten Bolivien, Kuba und Venezuela ihren "Handelsvertrag der Völker", der wie schon die ALBA-Gründungserklärung von 2004 eine solidarische Zusammenarbeit im Interesse der Völker vorsieht.

Fünf Jahre nach der Gründung ist ALBA, das beim Gipfeltreffen im venezolanischen Cumaná im April 2009 seinen Namen in Bolivarische Allianz" statt "Alternative" geändert hat, um die gewachsene Bedeutung des Bündnisses widerzuspiegeln, auf neun Mitglieder angewachsen.
Ecuador, Honduras, Nicaragua und die Karibikstaaten Antigua und Barbuda, St. Vincent und die Grenadinen sowie Dominica sind zu Kuba, Venezuela und Bolivien hinzu gestoßen. Längst ist die Allianz ein ernstzunehmender Akteur auf der Lateinamerikanischen Bühne geworden.

So geht die Aufhebung des Ausschlusses Kubas aus der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) im Juni 2009 ganz wesentlich auf Initiativen aus den ALBA-Mitgliedsstaaten zurück. Auch die sofort nach dem Staatsstreich erfolgte internationale Isolierung der Putschisten in Honduras wäre weniger eindeutig gewesen, wenn das Bündnis sich nicht schon wenige Stunden nach dem Sturz des rechtmäßigen Präsidenten Manuel Zelaya in Managua zu einem außerordentlichen Gipfeltreffen versammelt und eindeutig Stellung bezogen hätten.

Das weitere Wachstum der Allianz ist bereits absehbar: Paraguay hat sein Interesse an einer Mitgliedschaft signalisiert.

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André Scheer
Junge Welt, 04.11.2009









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