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Offenbarungseid
Wenn es um Kuba geht, lügen Rundfunk, Presse und TV oft wie gedruckt.
Ein bayrischer Rechtsanwalt hat einige Berichte seziert.


Hans Weiss hatt Kuba noch als die Insel in Erinnerung, wegen der er im Alter von zwölf Jahren vor einem Atomkrieg zittern mußte. Er wurde 49 Jahre als, bevor er dann zum ersten mal auf die Karibikinsel reiste, voller Erwartung, dort ein schreckliches Unrechtsregime kennenzulernen. Es kam dann aber doch ganz anders.

Am Anfang führte Weiss noch eine Art Reisetagebuch, in dem er Schikanen und Repression durch den sozialistischen Staat dokumentieren wollte. Das war aber gar nicht so einfach, wie er mit leichter Enttäuschung registrierte – man ließ ihn überall freundlich passieren. Überrascht stellte er fest, daß sich Kubanerinnen und Kubaner ohne Scheu über Gott und die Welt mit ihm unterhielten.

Noch viele Aufenthalte sollten folgen – und irgendwann fing Weiss an, systematisch zu recherchieren, was an westlichen Medienberichten über Kuba dran ist. Diesem Umstand verdanken wir zwei medienkritische Bücher, die sich trotz ihres ernsten Inhalts sehr unterhaltsam lesen: "Märchen von Kuba" beschreibt unter anderem seine eigene Konfrontation mit der Realität. Das erst vor wenigen Monaten erschienene Buch "Nachrichten von der Schurkeninsel" dokumentiert, welchen Schwachsinn sich so manche Autoren zu Kuba einfallen lassen.

Harmlos sind noch die Wehklagen über das Akkreditierungsverfahren, das der Bayerische Rundfunk in einem Bericht über die Erkrankung des früheren Staatschefs Fidel Castro im Jahr 2006 zur Journalistenfeindlichkeit aufblies. Verschwiegen wurde allerdings, daß es weit weniger Zeit und Nerven in Anspruch nimmt als der Antrag auf ein Journalistenvisum für die USA.

Weniger harmlos ist der Opfermythos, der um Exilkubaner gesponnen wird, die Bombenanschläge auf die Zivilbevölkerung verübt haben. So moderierte eine Welt-Journalistin im April 2007 in Berlin bei einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung mit dem Titel "Democracy in Cuba" mit dem "Dissidenten" Carlos Alberto Montaner, der wegen eines Anschlags auf ein Kaufhaus in Havanna im Jahr 1960 wenige Monate in einem kubanischen Jugendgefängnis verbringen mußte, bevor er in die USA ausreisen durfte. Montaner war 17 Jahre las, als er bei dem Attentat ein fünf und ein 14 Jahre altes Mädchen sowie einen 13jährigen Jungen schwer verletzte. Man hielt ihn scheinbar genau für den Richtigen, um über die Frage zu referieren, welchen Weg Kuba nach Fidel Castro einschlagen werde.

Der ehemalige "Alpha 66"-Terrorist Eloy Guitérrez Menoyo wurde in einer "Nahaufnahme" des Bayerischen Rundfunks vom 6. August 2006 schlicht zu einem ehemaligen Weggefährten Castros, der sich mit ihm "überworfen" habe und folglich 22 Jahre im Gefängnis verbringen mußte. Der wahre Grund waren Kommandoüberfälle im Jahr 1962, bei denen kubanische Schiffe zerstört und russische Soldaten getötet wurden. Dem Verfasser der "Nahaufnahme" reichte die Tatsache, daß Menoyo, für die Behauptung, er sei im Gefängnis gefoltert worden.

Das Buch über die "Schurkeninsel" bringt viele Beispiele dafür, wie die Öffentlichkeit gezielt desinformiert wird. Kuba ist allerdings nur ein Thema, mit dem wir als Medienkonsumenten an der Nase herumgeführt werden. Was ist z.B. mit der Berichterstattung über den Jugoslawien-Krieg, über den Nahost-Konflikt, den Iran oder Nordkorea? Mißtrauen ist angesagt – wahrscheinlich stimmen die Berichte über diese Komplexe auch nicht.

Hans Weiss: Kuba – Nachrichten von der Schurkeninsel
Nomen-Verlag, Frankfurt am Main 2009, 199 Seiten
14,90 Euro, ISBN 978-3-939816-09-6


junge Welt Claudia Wangerin
Junge Welt, 28.11.2009









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