|
Mit Nimotuzumab gegen Karzinome
Norddeutsche Pharmafirma will kubanisches Krebsmittel vermarkten
Ein Unternehmen aus der Nähe von Hamburg will ein im kubanischen Havanna entwickeltes Krebsmedikament
auf den Markt bringen.
Der Name des Medikaments klingt wie ein antiker Herrschername. Doch Nimotuzumab ist derzeit nicht nur eine
der größten Hoffnungen in der Krebstherapie. Der Antikörper wurde von kubanischen
Biotechnologen entwickelt. Wegen der Wirtschafts- und Handelsblockade der USA nahm sich keines der
großen transnationalen Pharmaunternehmen des Wirkstoffs an. Stattdessen arbeiten kubanische Forscher
mit dem mittelständischen Pharmaunternehmen Oncoscience mit Sitz in Wedel an der Unterelbe zusammen.
Bereits vor 20 Jahren habe die Regierung in Havanna die Biotechnologie als Erfolg versprechenden
Forschungsbereich erkannt, erklärte der 61-jährige Firmenchef Ferdinand Bach unlängst im
Hamburger Abendblatt. 17 000 Mitarbeiter beschäftigt der Wirtschaftszweig in dem Karibikstaat
inzwischen. In der Tat gehört das sozialistische Kuba zu den Vorreitern in diesem Bereich der
Pharmaindustrie. Bereits 1978 hatte das biotechnologische Forschungszentrum CENIC außerhalb von
Havanna seine Arbeit aufgenommen. Später wurde diese erste Forschungsstelle in »Gen- und
Biotechnologisches Zentrum« (CIGB) umbenannt – inzwischen ein riesiger Komplex außerhalb Havannas.
Der Wirkstoff Nimotuzumab ist eines der Mittel aus den kubanischen Laboren, die den größten
Erfolg versprechen. Der Antikörper dockt an die Krebszellen an und hemmt damit das weitere Wachstum
der Geschwüre. »Inzwischen wurden alle vier vorgeschriebenen Phasen der klinischen Studie erfolgreich
durchlaufen«, sagte Oncoscience-Chef Bach im Gespräch mit ND. Auch nach Ansicht des Professors
für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie am Hamburger Universitätsklinikum, Stefan
Rutkowski, kann das Präparat »ein weiterer Schritt in der Verbesserung der Behandlung von
Krebserkrankungen sein«. Oncoscience konzentriert sich zunächst auf die Behandlung von Hirntumoren
sowie auf Pankreaskarzinome. International wird der Antikörper aber bereits bei zehn weiteren
Erkrankungen angewendet. Nun will Bach die Zulassung in der EU erreichen.
Die Zusammenarbeit der kubanischen Forscher mit ausländischen Partnern ist nichts Neues. Nach
Auskunft des CIGB hatte der damalige Staats- und Regierungschef Fidel Castro schon 1980 den
US-amerikanischen Onkologen Randolph Lee Clarck nach Kuba geholt. Bach bestätigt, dass
Medizinforscher aus Kuba schon früh zur Ausbildung an ausländische Universitäten geschickt
wurden. Während aus anderen Staaten der sogenannten dritten Welt Fachkräfte in den Norden
abwandern, ist es Kuba gelungen, diesen Trend teilweise umzukehren.
Die US-Blockade gegen Kuba bedroht das relativ kleine Unternehmen aus Schleswig-Holstein übrigens
nicht. Es hat nur Rechte in Europa beantragt. Doch auch in den USA ändert sich die Lage. Im August
wurde vom zuständigen US-Finanzministerium die Zulassung für klinische Studien erteilt.
Harald Neuber
Neues Deutschland 10.12.2009
|
|