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Neue Urteile in Miami
US-Bundesrichterin reduziert Strafen von zwei der fünf gefangenen Kubaner. Die wollen ihren Kampf fortsetzen
Im Zentrum der US-Metropole Miami liegt das Bundesgericht von Florida, genau neben dem eindrucksvollen
Gebäude der Haftanstalt, dessen Fester wie senkrechte Risse im Beton wirken. Dort befinden sich drei
der fünf Kubaner, die seit mehr als elf Jahren wegen ihres Einsatzes gegen antikubanische
Terrorgruppen in US-Gefängnissen inhaftiert sind. Über zwei von ihnen wurden am Dienstag neue
Urteile verhängt, nachdem ein Berufungsgericht in Atlanta die ursprünglich verkündeten
Strafen als überzogen aufgehoben hatte. Nun entschied Richterin Joan Lenard auf 30 Jahre Haft
für Ramón Labañino Salazar sowie 17 Jahre und neun Monate für Fernando
González Llort.
Trotz der strengen Disziplinarordnung und ihrer Fesseln hatten Labañino und González zuvor
mit erhobenem Haupt den Gerichtssaal betreten und mit erhobener Faust und einem Lächeln ihre Freunde
gegrüßt. Die waren nicht nur aus den USA nach Miami gekommen, um den beiden ihre
Unterstützung zu demonstrieren. Prozeßbeobachter hoben nach den neuen Urteilen hervor,
daß diese, obwohl sie ungerecht bleiben, die Wirkung der internationalen Solidarität mit den
fünf in Kuba als Helden verehrten Männern sowie die Anstrengungen des Verteidigerteams deutlich
machen. Ursprünglich war Labañino zu lebenslänglicher Haft plus 18 Jahren verurteilt
worden, die Strafe für González hatte bei 19 Jahren gelegen. Labañinos Verteidiger
William Norris sagte gegenüber junge Welt, die Aufhebung der gegen seinen Mandanten verhängten
lebenslänglichen Haftstrafe sei zwar ein »Sieg«, besser wäre jedoch, wenn er und seine
Gefährten endlich wieder in Kuba ihre Familien in die Arme schließen könnten.
In einer Erklärung unterstrichen Ramón Labañino und Fernando González gemeinsam
mit Antonio Guerrero, dessen Haftstrafe bereits im Oktober von lebenslänglich auf knapp 22 Jahre
Gefängnis reduziert worden war, den politischen Charakter des Prozesses. »Wir fünf werden
für Anschuldigungen bestraft, die niemals bewiesen wurden. Obwohl drei Urteile teilweise verringert
wurden, lastet das Unrecht noch immer auf uns allen«, schrieben sie in dem an die anwesenden
Medienvertreter übergebenen Dokument. Zum ersten Mal in diesen elf Jahren sei die US-Administration
nun gezwungen worden einzuräumen, daß die fünf Kubaner die »nationale Sicherheit« der
Vereinigten Staaten nicht gefährdet haben. Die drei betonten in der Erklärung auch ihre
Solidarität mit Gerardo Hernández Nordelo, gegen den mit zweimal lebenslänglich plus 15
Jahren die höchste Strafe in diesem Fall verhängt wurde und der von dem Verfahren einer
Neufestlegung ausgeschlossen war.
In ihrem Papier wiesen Labañino, González und Guerrero außerdem darauf hin, daß
sie wie bereits am 12. September 1998, dem Tag ihrer Verhaftung, sowie seither mehrfach auch nun wieder
Angebote erhalten hätten, ihre Strafen durch eine Zusammenarbeit mit den US-Behörden zu
reduzieren. »Diese Angebote weisen wir zurück und werden sie niemals und unter keinen Umständen
annehmen«, zeigten sich die drei Männer ungebrochen. »Wir werden unsere Prinzipien, unseren Anstand
und unsere Ehre nicht aufgeben und immer unsere Unschuld und die Würde unseres Heimatlandes
verteidigen.«
Seit dem Sieg der Kubanischen Revolution vor mehr als 50 Jahren haben terroristische Angriffe gegen die
Insel mehrere tausend Tote und Verletzte gefordert. Die Urheber dieser Anschläge konnten sich
anschließend immer wieder in die USA flüchten und fanden gerade in Miami ein ihnen
wohlgesonnenes Umfeld. Die »Miami 5« oder »Cuban Five«, wie sie international bekannt geworden sind,
unterwanderten verschiedene kriminelle Organisationen, die von dieser Stadt aus ungestraft Aktionen gegen
Inselrepublik planen. 1998 wurden sie verhaftet und inmitten der antikubanisch aufgeheizten
Atmosphäre Miamis zu langen Haftstrafen verurteilt.
Deisy Francis Mexidor, Miami/Florida
Junge Welt, 10.12.2009
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