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Botschaft an Chávez
Fidel Castro veröffentlichte am Montag eine »Reflexion« unter dem Titel »Botschaft an den
Präsidenten der bolivarianischen Republik Venezuela«:
Es sind zehn Jahre einer beispielhaften und fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Venezuela und Kuba
vergangen. In diesem Zeitraum wurde das Bündnis ALBA aus der Taufe gehoben. Das von den Vereinigten
Staaten geförderte Freihandelsabkommen FTCA war gescheitert, aber das Imperium befindet sich erneut
in der Offensive. Der Putsch in Honduras und die Einrichtung von sieben Militärstützpunkten in
Kolumbien sind jüngste Ereignisse, die nach der Amtsübernahme des neuen US-Präsidenten
geschahen. Sein Vorgänger hatte schon die vierte Flotte erneut ins Leben gerufen, ein halbes
Jahrhundert nach Beendigung des letzten Weltkrieges und als es weder den Kalten Krieg noch die Sowjetunion
mehr gab. Die realen Absichten des Imperiums sind offensichtlich, dieses Mal begleitet von dem netten
Lächeln und dem afroamerikanischen Gesicht von Barack Obama. (...)
Am vergangenen 10. Dezember, als er in Oslo die Rede zur Entgegennahme des Preises hielt, hat er
Behauptungen aufgestellt, die ein Beispiel der imperialistischen Logik und Denkweise darstellen. »…ich bin
für den Einsatz von Tausenden jungen Menschen zum Kampf in einem entfernten Land verantwortlich.
Einige werden töten. Andere werden getötet werden.« So hat er gesagt, indem er das in einem
entfernten Land von ihm durchgeführte brutale Blutbad als einen »gerechten Krieg« darzustellen
versuchte, ein Blutbad, bei dem die Mehrheit der ums-Leben-Gekommenen wehrlose Bewohner jener Dörfer
sind, in denen die von unbemannten Flugzeugen abgeworfenen Bomben explodieren. Nach diesen ganz am Anfang
verlautbarten Sätzen verwendet er über 4600 Worte dazu, um sein Blutbad unter Zivilisten als
gerechten Krieg darzustellen. »In den jetzigen Kriegen« – so behauptete er –»sterben viel mehr Zivilisten
als Soldaten«. Die Zahl der im Irak, in Afghanistan und an der Grenze von Pakistan umgekommenen
Zivilisten, die keine Kämpfer sind, übersteigt schon eine Million. In dieser selben Rede lobte
er Nixon und Reagan als erlauchte Persönlichkeiten, ohne sich dabei aufzuhalten, daran zu denken,
daß der eine über eine Million Tonnen Bomben auf Vietnam abgeworfen hat und der andere
über elektronische Mittel die Gasfernleitung von Sibirien sprengen ließ und dem den Anschein
eines Unfalls gab. Die Explosion war so stark und zerstörerisch, daß die
Überwachungsgeräte für Atomwaffenversuche sie registriert haben. Die in Oslo gehaltene
Rede unterscheidet sich von der von West Point, weil die in der Militärakademie besser ausgearbeitet
und vorgetragen war. In der norwegischen Hauptstadt war dem Gesichtsausdruck des Redners das
Bewußtsein über die Falschheit seiner Worte anzusehen.
Auch der Augenblick und die Umstände waren nicht dieselben. Oslo liegt nicht weit von Kopenhagen. An
dieser Stelle findet die sehr wichtige Konferenz über Klimawechsel statt und ich weiß,
daß Du und Evo dort teilzunehmen beabsichtigen. An jenem Ort wird im jetzigen Augenblick die
wichtigste politische Schlacht der Menschheitsgeschichte ausgefochten. Dort kann das gesamte Ausmaß
des Schadens wahrgenommen werden, den der entwickelte Kapitalismus der Menschheit zugefügt hat. Heute
muß sie nicht nur verzweifelt um Gerechtigkeit kämpfen, sondern um das Überleben der
Gattung. (...)
Deisy Francis Mexidor, Havanna
Junge Welt, 17.12.2009
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