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Abgeschrieben
»Was wirklich auf dem Gipfel geschah«
Fidel Castro veröffentlichte am Sonnabend eine »Reflexion« unter dem Titel »Was wirklich auf dem
Gipfel geschah«:
(…) Wenn in der dänischen Hauptstadt etwas Wichtiges erreicht wurde, dann die Tatsache, daß die
Weltöffentlichkeit über die Massenmedien das politische Chaos und die demütigende
Behandlung gegenüber Staats- und Regierungschefs, Ministern und Tausenden Vertretern der sozialen
Bewegungen und Einrichtungen beobachten konnte, die voller Illusionen und Hoffnungen zum Austragungsort
des Gipfels nach Kopenhagen gefahren waren. Die brutale Repression gegen friedliche Demonstranten seitens
der Polizei erinnerte an das Verhalten der Sturmtrupps der Nazis, die das benachbarte Dänemark im
April 1940 besetzten. Was niemand ahnen konnte, war, daß der Gipfel an seinem letzten Tag, dem 18.
Dezember 2009, von der dänischen Regierung – NATO-Verbündete und Teilnehmerin an dem Gemetzel
von Afghanistan – unterbrochen werden würde, um den Hauptkonferenzsaal Präsident Obama zu
übergeben, wo ausschließlich dieser und eine Gruppe von ausgewählten Gästen,
insgesamt 16, das Rederecht haben sollten. (…) Schließlich geschah etwas Unerhörtes: im
Morgengrauen des 19. Dezember, um drei Uhr, rief der dänische Premierminister zu einer
Schlußsitzung des Gipfels. Als Vertreter der Länder waren nur noch Minister, Beamte,
Botschafter und Fachleute anwesend. (...)
Der Außenminister Kubas hat eine energische Rede von circa eintausend Worten gehalten, aus der ich
einige Abschnitte ausgewählt habe, die ich in dieser Reflexion aufführen möchte: »Das
Dokument, von dem Sie, Herr Präsident, mehrfach behauptet haben, daß es nicht existent sei,
taucht jetzt auf. (…) Wir haben Versionen gesehen, die heimlich in Umlauf sind und die in geheimen
Versammlungen in kleinem Rahmen diskutiert werden…« »Ich bedauere zutiefst die Art und Weise, in der Sie
diese Konferenz geführt haben.« »Kuba sieht den Text jenes vermeintlichen Entwurfs als
äußerst unzureichend und unzumutbar an. Zwei Grad Celsius ist als Zielstellung vollkommen
inakzeptabel und würde unberechenbar katastrophale Folgen nach sich ziehen…« »Das Dokument,
welches Sie bedauerlicherweise vorlegen, enthält keinerlei Verpflichtung zur Verminderung der
Treibhausgase.« »Jeder Vorschlag zur Fortsetzung der Verhandlungen mit dem Ziel, in Zukunft
Übereinkommen zur Reduktion der Emissionen zu erreichen, muß unweigerlich das Konzept der
Gültigkeit des Kyoto-Protokolls mit einschließen (…). Ihr Schriftstück, Herr
Präsident, ist die Sterbeurkunde für das Kyoto-Protokoll, die meine Delegation nicht
akzeptiert.« »Die kubanische Delegation möchte mit Nachdruck auf den Vorrang des Prinzips der
›gemeinsamen aber differenzierten Verantwortlichkeiten‹ als zentrales Konzept des zukünftigen
Verhandlungsprozesses verweisen. Ihr Schriftstück läßt kein Wort davon verlauten.« »Die
entwickelten Länder, die ihre Interessen mittels Ihres Dokuments mit Gewalt durchsetzen, Herr
Präsident, umgehen jegliche konkrete Verpflichtung.« »Das, was Sie, Herr Präsident, als ›eine
Gruppe von repräsentativen führenden Persönlichkeiten‹ bezeichnen, ist für mich eine
plumpe Verletzung des Prinzip der souveränen Gleichheit, das in der UN-Charta verankert ist…« »Herr
Präsident, ich beantrage förmlich, daß diese Erklärung in den Abschlußbericht
über die auf dieser jämmerlichen und beschämenden 15. Konferenz der Teilnehmerseiten
geleistete Arbeit aufgenommen wird.«
Junge Welt, 23.12.2009
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