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Comandante-Porträt
Fritz Bauerreiß stellte eigene Fotografien aus Kuba und Zitate von Che zusammen. Eine interessante Neuerscheinung im Selbstverlag
Bücher im Selbstverlag sind eine problematische Angelegenheit. Seit über entsprechende Dienste
im Internet (»Books on Demand«) so ziemlich jeder mit relativ wenig finanziellem Aufwand ein eigenes Werk
auf den Markt werfen kann, finden sich in den Online-Buchhandlungen haufenweise Neuerscheinungen, die die
Welt nicht braucht. Da es schwierig ist, in einem Buch zu blättern, das einem auf einer Internetseite
angepriesen wird, kommt man leicht dazu, einen mit interessantem Cover versehenen Band zu kaufen, der sich
hinterher als Schrott herausstellt. Besonders Reisetagebücher von Touristen, die sich als
Länderexperten tarnen, finden so ihre Käufer.
Eine Ausnahme ist Fritz Bauerreiß. Der Erlanger Lehrer bereiste im Sommer 2008 zusammen mit seiner
Frau per Fahrrad Kuba. Die dabei entstandenen Fotos präsentiert er in einem aufwendig gestalteten,
komplett in Farbe gehaltenen und in hervorragender Qualität gedruckten und gebundenen Buch. Im
Gegensatz zu anderen verzichtet er darauf, die übrigen Seiten mit mehr oder weniger interessanten
Anekdoten aus den Urlaubswochen zu füllen. Bauerreiß hat sich dafür entschieden, sein
Fotoalbum mit einer Zitatensammlung des legendären Comandante Che Guevara (1928–1967) zu kombinieren.
Eine interessante Idee, und durch die Qualität der Fotos gerade vor einer Kubareise eine schöne
Einstimmung auf das Urlaubsziel.
»Bilder von heute, Che von gestern« nennt der Autor sein Buch im Untertitel. Abgesehen davon, daß
viele der aktuellen Fotos belegen, daß Che für die Kubaner eben nicht »von gestern« ist, stellt
das zusammenhanglose Nebeneinander von Bildern und Che-Zitaten, das Bauerreiß selbst in seinem
kurzen Vorwort einräumt, eine Schwäche des Buches dar. Das Verständnis so manchen Fotos
wäre durch eine Erklärung, die über die Ortsangabe hinausgeht, erleichtert.
Unwillkürlich geht der Blick des Lesers vom Foto auf der jeweils linken Seite des Buches auf die
rechte, auf der der Text steht. Aber die hier versammelten Zitate helfen nicht viel weiter, weil sie
unmittelbar nichts mit dem Bild zu tun haben. Sie sollen nicht die Fotos erklären, sondern »dazu
beitragen, die sagenumwobene Gestalt des Che in privaten wie politischen Bereichen zu entmystifizieren«,
wie der Autor schreibt.
In den zusammengestellten Auszüge aus Schriften und Reden Guevaras kann man sich tatsächlich
festlesen. Aus den Texten entwickelt sich nach und nach ein facettenreiches Porträt des Comandante.
Schade und angesichts des gestelltes Anspruchs unverständlich ist allerdings, daß
Bauerreiß die Zitate nur aus der Sekundärliteratur zusammengetragen hat. »Viele
handschriftliche Che-Originale werden entweder von staatlichen Stellen auf Kuba unter Verschluß
gehalten oder sie sind nur ausnahmsweise zugänglich, weil sie sich in privatem Familienbesitz
befinden«, begründet der Autor diese »Problematik der Quellenlage«. Das mag stimmen und stellt
für ein wissenschaftliches Forschungsprojekt über Einzelaspekte von Ches Leben oder der
Kubanischen Revolution möglicherweise ein Problem dar. Allerdings sind die wichtigsten Schriften und
Reden Ches sowohl in spanischer als auch in deutscher Sprache längst in umfangreichen,
mehrbändigen Ausgaben erschienen. Wichtige Schriften wie »Der Guerillakrieg«, »Der Sozialismus und
der Mensch auf Kuba« oder natürlich das »Bolivianische Tagebuch« sind auch einzeln und oft sogar
kostenlos im Internet erhältlich. So kann die Begründung dafür, auf Originaltexte zu
verzichten, nicht überzeugen, selbst wenn man wie der Autor offenbar kein Spanisch spricht und
deshalb auf Übersetzungen vertrauen muß.
Dennoch ist ein wirklich schönes Buch entstanden, das für eine Publikation in dieser
Qualität mit einem Preis von 20 Euro auch durchaus erschwinglich ist.
Fritz Bauerreiß: Kuba – Bilder von heute, Che von gestern
Selbstverlag, Erlangen 2009, 235 Seiten, 20 Euro, ISBN 978-3-00-028176-1
Bestellungen: Fritz Bauerreiß, Hofmannstr. 77, 91052 Erlangen
E-Mail: ernesto-guevara@arcor.de
Santiago Baez
Junge Welt, 04.01.2010
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