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Festung der Bücher
In Havanna wurde die 19. Internationale Buchmesse eröffnet. Russischer Außenminister sieht Kuba und Rußland auf dem Weg zu neuer »strategischer Partnerschaft«
Für Zuleica Romay ist die 19. Internationale Buchmesse in Havanna ganz sicher nicht das erste literarische Großereignis ihres Lebens. Trotzdem zeigte sich die Chefin des Vorbereitungskomitees der Ausstellung und Direktorin der Kubanischen Kammer des Buches bei der diesjährigen Eröffnung am Donnerstag abend (Ortszeit) erneut beeindruckt von der malerischen Kulisse, in der die Präsentation auch in diesem Jahr veranstaltet wird. »Dies ist eine Revolution, die ebenso Kasernen in Schulen verwandelt hat wie eine koloniale Trutzburg in ein Zentrum der Literatur«, freute sie sich in der historischen Festung San Carlos de la Cabaña, die hoch über Havanna thront und deren historische Kanonenrohre die Einfahrt des Hafens bewachen.
Keine Handelsware
Immer wieder schweifte der Blick der Ehrengäste, unter ihnen der kubanische Präsident Raúl Castro und ein halbes Dutzend Kulturminister aus Lateinamerika, ab vom Geschehen auf der Bühne, auf der junge Musiker Werke von Tschaikowski präsentierten, hinüber zum leuchtend roten Sonnenuntergang, der sich in den Wellen widerspiegelte, die an die weltberühmte Uferpromenade, den Malecón, schlugen. Romay erinnerte daran, daß Bücher in Kuba keine Handelsware und keine Werbeträger sind und der Wert eines Buches nicht daran gemessen wird, ob sich möglichst viele Exemplare verkaufen lassen. Bücher seien in Kuba Bestandteil eines Lern- und Bildungsprozesses, der die Autoren ebenso umfasse wie die Leser, so die Leiterin der Buchmesse. Ein Teil dieses »Wunders« sei, daß sogar im Jahr 2008, als drei verheerende Wirbelstürme Kuba heimsuchten und schwere Schäden verursachten, mehr als 1000 Buchtitel veröffentlicht werden konnten.
Als Vertreter des diesjährigen Ehrengastes Rußland ergriff der Außenminister des Riesenlandes, Sergej Lawrow, das Wort und erinnerte an die langjährigen freundschaftlichen Beziehungen zwischen seinem Land und Kuba. Im Mai sei es 50 Jahre her, daß die kubanische Regierung und die Sowjetunion diplomatische Beziehungen aufgenommen haben. Dieser Jahrestag sei wichtig und werde mit zahlreichen Veranstaltungen begangen, kündigte Lawrow an. Dabei werde das Erinnern an die Beziehungen zwischen beiden Ländern verbunden mit den weltweiten Feierlichkeiten zum 65. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion und ihrer Alliierten gegen Hitlerdeutschland. Rußland danke Kuba dafür, daß es in der UNO den Vorschlag der russischen Regierung unterstützt habe, den 8. bzw. 9. Mai zum internationalen Feiertag zu erklären.
Rußland und Kuba sind nach Ansicht Lawrows auf dem besten Weg zu einer neuen »strategischen Partnerschaft«. Das hatte der russische Außenminister zu Beginn seines Kuba-Aufenthaltes gesagt. Sein kubanischer Kollege Bruno Rodríguez bestätigte dies und sprach von einem »enormen Potential« der Beziehungen beider Länder.
Literatur und Revolution
Bei der Messeeröffnung zeigte sich Lawrow überzeugt davon, daß auch im Zeitalter der elektronischen Medien das Buch seinen Platz in der Gesellschaft behaupten werde. Seine Regierung setze sich dafür ein, daß die Bedeutung der Literatur in der Gesellschaft weiter zunehme, unterstrich er, denn »es ist das Buch, das den Menschen weise macht«. So diene die Literatur dem Aufbau einer Gesellschaft des Friedens und der sozialen Gerechtigkeit, unterstrich Lawrow.
Zu Beginn der Veranstaltung hatten außerdem zwei kubanische Intellektuelle das Wort ergriffen, denen die diesjährige Buchmesse gewidmet ist. Die Sozialwissenschaftlerin María del Carmen Barcia erinnerte in ihrer Ansprache daran, daß sie ihren Erfolg nicht reichen Eltern zu verdanken habe. »Mein Vater war ein Handwerker, der aus Galicien eingewandert ist.« Trotzdem habe sie studieren und eine Laufbahn als Wissenschaftlerin einschlagen können. Das sei das Verdienst der kubanischen Revolution, erklärte sie. Auch der Schriftsteller und Essayist Reynaldo González betonte, daß die umfangreiche Literatur, die in den vergangenen Jahrzehnten in Kuba entstanden sei, nicht von der Revolution und dem Aufbau des Sozialismus getrennt werden könne.
André Scheer, Havanna
Junge Welt, 13.02.2010
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