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Protest gegen Folter
Die Abgeordneten des kubanischen Parlaments in Havanna haben am Sonntag zu weltweiten Solidaritätsaktionen für Gerardo Hernández aufgerufen. Seit dem 21. Juli wird der heute 45 Jahre alte Kubaner, der seit fast zwölf Jahren in US-Gefängnissen inhaftiert ist, unter verschärften Bedingungen im »Loch«, der Arrestzelle des Hochsicherheitsgefängnisses im kalifornischen Victorville, festgehalten. Die Temperatur in dieser nur gut zwei Quadratmeter großen Zelle, die Hernández mit einem weiteren Gefangenen teilen muß, steigt Informationen seines Rechtsanwalts Leonard Weinglass zufolge am Tag auf bis zu 40 Grad. So sei Hernández zeitweilig dazu gezwungen, sich auf den Boden zu kauern, um zumindest den Luftzug unter der Stahltür zu spüren. Nur alle paar Tage werde er für wenige Minuten in einen engen Hof geführt, von dem aus er kaum den Himmel sehen könne, so der Jurist. Kubanische Zeitungen sprechen angesichts dieser Zustände von Folter.
Bereits vor einigen Tagen hatte der kubanische Parlamentspräsident Ricardo Alarcón die US-Behörden für die Gesundheit des Gefangenen verantwortlich gemacht. Seit April hatte Gerardo Hernández wiederholt darum gebeten, wegen gesundheitlicher Beschwerden von einem Arzt untersucht zu werden. Erst am 20. Juli wurde er dann einem Mediziner vorgeführt, der tatsächlich zwei ernste Probleme diagnostizierte und weitere Untersuchungen vornehmen wollte. Doch am folgenden Tag wurde Hernández ins »Loch« gesteckt, obwohl er nicht gegen die Anstaltsregeln verstoßen hatte. Als offiziellen Grund für die Isolationshaft verweisen die Behörden auf den Brief eines unbekannten Absenders, der nach Angaben der Gefängnisleitung ein »unbekanntes Pulver« enthalten habe und an Hernández adressiert gewesen sei. Etwas später erhielt der Gefangene dann Besuch von zwei in zivil gekleideten Männern, die sich als Beamte der US-Bundespolizei FBI vorstellten. Damit sei klar, daß die Strafmaßnahme auf Betreiben dieser Behörde verhängt worden sei, heißt es in einer vom kubanischen Parlament am Sonntag verabschiedeten Erklärung. Hinzu komme, daß durch die Isolationshaft die Vorbereitung für die von seinem Anwalt angestrengte Anhörung nach dem »Habeas corpus act« behindert werde. So durfte Weinglass bei einem Besuch am Samstag weder seine Unterlagen noch Schreibutensilien mitnehmen und blieb von seinem Mandanten durch eine Glasscheibe getrennt.
Der heute 45 Jahre alte Hernández gehört zu den international als »Cuban Five« bekannten fünf Kubanern, die seit September 1998 in nordamerikanischen Gefängnissen inhaftiert sind. Sie hatten rechtsextreme Terrororganisationen in Miami unterwandert, um Anschläge in ihrem Heimatland zu verhindern. Im Dezember 2001 verurteilte ein Gericht in Miami Hernández deswegen zu zweimal lebenslänglich plus 15 Jahren Haft. Seine Frau Adriana Pérez hat er seither nicht mehr sehen können, da die USA der Kubanerin ein Einreisevisum verweigern. Internationale Organisationen wie Amnesty International oder das UN-Komitee gegen willkürliche Verhaftungen werfen den US-Behörden im Fall der fünf Kubaner Menschenrechtsverletzungen und Rechtsbeugung vor, Solidaritätskomitees in vielen Ländern der Welt setzen sich für ihre Freilassung ein.
André Scheer
Junge Welt, 03.08.2010
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