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»Internationale Mobilisierung ist entscheidend«
Sonntag jährt sich Verhaftung der Cuban Five zum zwölften Mal. Juristische Mittel ausgeschöpft.
Raúl Becerra Egaña, Botschafter der Republik Kuba
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Ein Gespräch mit Raúl Becerra Egaña
Raúl Becerra Egaña ist seit dem 3. September Botschafter Kubas in der Bundesrepublik
In diesem Monat jährt sich zum zwölften Mal die Inhaftierung der international als Cuban Five bekannten Kubaner. Sie wurden am 12. September 1998 verhaftet, weil sie im Auftrag ihrer Regierung die antikubanischen Terrornetzwerke in Florida auskundschaften sollten. Ziel war es damals, weitere Anschläge auf der Insel zu verhindern. Wie stehen nach zwölf Jahren die Chancen für eine Entlassung?
Der Oberste Gerichtshof der USA hat am 15. Juni 2009 den Antrag der Verteidigung abgelehnt, den Fall der fünf Inhaftierten wieder aufzunehmen. Damit sind alle juristischen Wege für eine Neubewertung des Falles ausgeschöpft. Der Skandal ist nicht nur, daß die Entscheidung ohne jegliche Begründung erfolgte, sie hat auch die Unterstützung des Antrages durch viele Organisationen und prominente Persönlichkeiten, darunter zehn Nobelpreisträger, Hunderte Parlamentarier und Juristenverbände ignoriert.
Aber der Prozeß hat einen politischen Charakter, der zur Geschichte der US-Aggressionen gegen Kuba dazugehört.
Vor einigen Monaten gab es in den US-amerikanischen Medien Berichte über Versuche von US-Behörden, die Berichterstattung über die Fünf zu beeinflussen. Konkret ging es um Bestechungsgelder an Journalisten in Miami. Ergeben sich daraus keine Möglichkeiten für eine Berufung?
Es ist sicher, daß der Prozeß durch die Berichterstattung beeinflußt wurde. Insofern ergibt sich daraus tatsächlich die Möglichkeit eines »Habeas corpus«. Das ist ein Antrag auf Haftprüfung, der gestellt werden kann, wenn es im Prozeß nachweislich zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist. Und Bestechungszahlungen an Journalisten während der Zeit des Prozesses legen solche Unregelmäßigkeiten nahe. Das gilt zumindest für den Fall von Gerado Hernández, der im Dezember 2001 zu zweimal lebenslänglich plus 15 Jahren verurteilt wurde.
Die US-amerikanischen Anwälte der Fünf haben im Juni dieses Jahres einen Antrag auf Haftprüfung bei der zuständigen Richterin in Miami gestellt. Allerdings gibt ihr Verhalten in der Vergangenheit wenig Hoffnung, daß sie dem Antrag stattgeben wird.
Hat die Wahl von Barack Obama Verbesserungen bezüglich der Fünf gebracht?
Die illegale Blockade gegen Kuba besteht noch, die von vielen erhoffte Wende im Verhältnis zu Kuba ist nicht eingetreten. Der Ton ist zwar besser geworden, weniger aggressiv. Obama hat etwa die Ausreisebestimmungen für Familien, die ihre Angehörigen auf Kuba besuchen wollen, gelockert. Hier kann man schon von einem begrenzten Dialog sprechen. Aber signifikante Veränderungen gibt es nicht. Das gilt auch für die fünf Inhaftierten. Sie dürfen beispielsweise ihre Verwandten nicht regelmäßig empfangen. Die Ehefrauen von Gerado Hernández und René González haben ihre Männer seit fast zwölf Jahren nicht gesehen, da die USA ihnen ein Einreisevisum verweigern. Das ist unmenschlich. Für Obama wäre es sehr einfach, den Frauen ein Visum zu geben. Er hätte nichts dabei zu verlieren, für diese Familien und das kubanische Volk wäre es hingegen ein positives Signal.
Im Juli hat es weltweit zahlreiche Aktionen gegen die verschärften Haftbedingungen von Gerado Hernández gegeben. Hat der Protest Wirkung gezeigt?
Ja, das hat er. Hernández wurde fast zwei Wochen im sogenannten »Loch« festgehalten. Das ist eine nur gut zwei Quadratmeter große Arrestzelle im Hochsicherheitsgefängnis im kalifornischen Victorville. Der Protest hat auf jeden Fall dazu beigetragen, daß er wieder in seine normale Zelle überführt wurde. Es war aber nicht das erste Mal, daß so etwas passierte. Immer wenn ein Gerichtstermin bevorsteht, wird versucht, durch erschwerte Haftbedingungen die Vorbereitungen mit seinem Anwalt zu behindern.
Was sind die nächsten Schritte?
Angesichts der schwierigen juristischen Situation ist die Mobilisierung zur Unterstützung der Fünf von entscheidender Bedeutung. Die sofortige Freilassung ist die einzige gerechte Lösung.
Interview: Johannes Schulten
Junge Welt, 11.09.2010
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