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Zeugnis des Fortschritts
In Havanna hat die 18. Internationale Buchmesse ihre Pforten geschlossen.
Nun wird sie in weiteren 16 Städten ausgerichtet
Jedes Jahr im Februar stauen sich vor der Altstadt von Havanna, an der Einfahrt zum Tunnel unter der
Hafeneinfahrt, besonders lange Autoschlangen. Auf der gegenüberliegenden Festungsanlage San Carlos de
La Cabaña findet dann die Internationale Buchmesse Kubas statt. Zum 18. Mal kamen auch in diesem Jahr
wieder Zehntausende auf der historischen Festungsanlage aus dem Jahr 1774. Und auch dieses Mal war es eine
einmalige Bücherschau. Nicht nur das Ambiente begeisterte die in- und ausländischen Gäste.
Die Messe stellt eine der Errungenschaften der Kubanischen Revolution unter Beweis: die bedingungslose
Unterstützung der Kultur. Für die Organisatoren der Messe ist es deswegen selbstverständlich,
dass die Literatur nicht nur die Einwohner der Hauptstadt erreicht. Nachdem die "Feria" in
Havanna am 22. Februar nach zehn Tagen ihre Pforten geschlossen hat, zog sie in 16 weitere Städte des
Inselstaates weiter. Auch das ist weltweit einzigartig.
Jedes Jahr im Februar stauen sich vor der Altstadt von Havanna, an der Einfahrt zum Tunnel unter der
Hafeneinfahrt, besonders lange Autoschlangen. Auf der gegenüberliegenden Festungsanlage San Carlos de
La Cabaña findet dann die Internationale Buchmesse Kubas statt. Zum 18. Mal kamen auch in diesem Jahr
wieder Zehntausende auf der historischen Festungsanlage aus dem Jahr 1774. Und auch dieses Mal war es eine
einmalige Bücherschau. Nicht nur das Ambiente begeisterte die in- und ausländischen Gäste.
Die Messe stellt eine der Errungenschaften der Kubanischen Revolution unter Beweis: die bedingungslose
Unterstützung der Kultur. Für die Organisatoren der Messe ist es deswegen selbstverständlich,
dass die Literatur nicht nur die Einwohner der Hauptstadt erreicht. Nachdem die "Feria" in
Havanna am 22. Februar nach zehn Tagen ihre Pforten geschlossen hat, zog sie in 16 weitere Städte des
Inselstaates weiter. Auch das ist weltweit einzigartig.
Gegner der sozialistischen Regierung Kubas haben dem wenig entgegenzusetzen. Trotzdem wetterten kubanische
Exilanten aus den USA in ihren Weblogs gegen die größte und bedeutendste Kulturveranstaltung
auf der Insel. Dort, wo heute Bücher ausgestellt werden, sei der Boden "vom Blut derjenigen
getränkt, die nach der Revolution 1959 zum Tode verurteilt wurden". Die Todesurteile sind eine
historische Tatsache. Ebenso wahr ist jedoch, dass es sich bei den Verurteilten um Mörder und Folterer
der gestürzten Batista-Diktatur handelte. Dass auch unter Batista gefoltert wurde und auch die
spanischen Kolonialbesatzer auf der alten Anlage ihre Widersacher internierten – all das passt nicht in
das Weltbild der selbsternannten Freiheitskämpfer.
In ihren Tenor stimmte auch die deutsche Tageszeitung "Die Welt" ein. Der Autor eines namentlich
nicht gezeichneten Gastbeitrags beschwerte sich über die schlechte Qualität der Bücher und
vermeintliche Zensur. Auf der Messe war davon nichts zu spüren. Über 600.000 Bücher wurden
im Rahmen eines Sonderplans aus den erst vor wenigen Jahren erneuerten hochmodernen Druckereien
"Alejo Carpentier" und "Federíco Engels" geliefert. Wie in jedem Jahr war das Angebot
an Kinder- und Jugendliteratur enorm. Fast alle Bücher standen in kubanischen Pesos zum Verkauf, nur
in einigen wenigen Hallen boten ausländische Verlage ihre Druckerzeugnisse in Devisen feil.
Wie schon in den vergangenen Jahren stand auf der Messe ein Gastland im Mittelpunkt, sowie zwei kubanische
Intellektuelle. Es waren die Poetin Fina García Marrúz (1923) und der Historiker Jorge Ibarra (1931), Autor
des 1967er Standardwerks "Historia de Cuba". Geehrt wurde zudem die Arbeit der kubanischen
Kulturstiftung Casa de las Américas, die nach der Revolution maßgeblich dazu beigetragen hat, die
kulturelle Blockade der Insel zu durchbrechen.
Dass Chile in diesem Jahr das Gastland war, wurde schon am Eingang zu der historischen Festungsanlage
deutlich. Große, pyramidenförmige Aufsteller zeigten Portraits und Zitate chilenischer
Intellektueller wie Gabriela Mistral, Pablo Neruda oder Nicanor Parra. Auf dem alten Waffenplatz der
Festung zeigte ein Transparent die Begegnung des 1973 ermordeten chilenischen Sozialisten Salvador Allende
mit Fidel Castro. Im Zeichen dieser gemeinsamen Geschichte stand die gesamte Messe: In den Hallen der
chilenischen Aussteller fanden sich Bücher und DVDs über die Protagonisten der 1973 blutig
gestürzten demokratisch-sozialistischen Regierung Allende. Die heutige Präsidentin Chiles,
Michelle Bachelet, hatte die Buchmesse eingeweiht. Die ehemalige DDR-Exilantin war mit einer über
100-köpfigen Delegation in die kubanische Hauptstadt gekommen. Unter ihnen befanden sich Minister,
Wirtschaftsvertreter und Intellektuelle. Allein das war ein deutliches Signal der Annäherung an Kuba
und der Unterstützung einer regionalen Integration der karibischen und lateinamerikanischen Staaten.
Ein beachtliches Signal zudem, denn im postfaschistischen Chile besitzt die Rechte nach wie vor eine
strukturelle Mehrheit.
Deutschland war auf der Messe gleich mehrfach vertreten. Nach einem gescheiterten Boykott der
Kulturveranstaltung durch die deutsche Regierung vor fünf Jahren war die Frankfurter Buchmesse als
Vertreterin des Auswärtiges Amtes wieder vor Ort. Vertreten war auch die linke Tageszeitung
"Junge Welt", die zusammen mit Mitgliedern regionaler Gewerkschaftsgliederungen und dem Netzwerk
Kuba einen Stand ausrichtete. Und schließlich war Cuba
Sí gemeinsam mit ihren lokalen Partnern präsent. Im Zentrum ihrer Ausstellung stand das Recht auf
Ernährung. Cuba Sí ist für dieses Thema prädestiniert: Die kubanische Partnerorganisation
ACPA betreibt mehrere Milchfarmen und andere agrarwirtschaftliche Projekte.
Die mehrfache Präsenz Deutschlands war auch das Ergebnis eines Diskussionsprozesses innerhalb der
Solidaritätsbewegung mit Kuba. Gemeinsam mit der Zeitung "Junge Welt" hatte Cuba Sí bis vor
zwei Jahren eine alternative Präsenz organisiert, um deutschen Verlagen die Möglichkeit zu
geben, trotz des Boykotts der Bundesregierung vor Ort präsent zu sein. Nach der Rückkehr der
Frankfurter Messe sah Cuba Sí den Auftrag erfüllt. Man wolle sich wieder auf originären Projekte
beschränken, hieß es in dem Berliner Büro der Organisation. Die "Junge Welt"
behielt indes die politische Präsenz aufrecht. Nachdem sich die alte Konstellation aufgelöst
hatte, übernahm Katja Klüßendorf, die Assistentin der
"Junge Welt"-Geschäftsleitung, den Vorsitz der Initiative. Mehrere Verlage sandten mit der
mehrköpfigen Delegation der "Jungen Welt" ihre Bücher nach Havanna mit.
Deutschland wird wohl auch weiterhin mehrfach in Havanna vertreten sein. "Wir wollen zusammen mit
unseren kubanischen Partnern zusammenarbeiten und eine Ausstellung zu speziellen Themen vorbereiten",
sagte Cuba-Sí-Delegationsleiter Tobias Thiele, der das Thema in Berlin weiter diskutieren möchte. Die
Frage der Ernährungssicherheit stehe dabei auch weiter im Zentrum – immerhin auch eines der
Schwerpunkte der kubanischen Regierungspolitik. Rolf Manfred Hasse, der Geschäftsführer des
Bibliothekenverbandes Niedersachsen, wird im Rahmen der Cuba-Sí-Präsenz die Zusammenarbeit mit den
kubanischen Bibliotheken verstärken. In Havanna hat er in den vergangenen Tagen mehrere entsprechende
Projekte in Angriff genommen. "Es geht mir besonders darum, auf die kubanischen Bedürfnisse
einzugehen", sagte der Bibliothekswissenschaftler, der seit mehreren Jahren mit kubanischen
Institutionen arbeitet.
Die Bundesregierung hat damit auf lange Sicht ihre Vormachtstellung in Havanna verloren. "Für
uns ist es sehr wichtig, dass die alternative deutsche Präsenz auf der Buchmesse in Havanna weiter
bestehen bleibt", sagte deswegen auch Iroel Sánchez, der Präsident des nationalen Buchinstitutes.
Der kubanischen Seite ist klar, dass auch nach der Rückkehr der "Frankfurter" die
feindselige Haltung Berlins bestehen bleiben wird. Bestätigt wird das von Quellen in Brüssel.
Die Europäische Kommission, heißt es dort, wolle weiter den auf politische Änderungen in
dem sozialistischen Karibikstaat hinarbeiten. Ein Instrument dabei seien "die Organisationen der
Vereinten Nationen (in Kuba) und Nichtregierungsorganisationen" – im weitesten Sinne also auch die
Präsenz der Frankfurter Messe in Havanna.
24.02.2009, Von Harald Neuber, Havanna
Für die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba / amerika21.de
Sonderseite zur Buchmesse
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